Ideenfindung
Schon zu Beginn war für mich klar, dass ich mit meiner Zeitkapsel Frauen einen Raum geben wollte, einen Raum für ihre Gedanken, Gefühle und Erfahrungen.
Ich hatte das Bedürfnis, etwas Zwischenmenschliches zu schaffen, das nicht nur dokumentarisch, sondern auch emotional verbindend wirkt. Die Idee, Dankbarkeit als zentrales Thema zu wählen, entstand aus dem Wunsch heraus, den Fokus nicht auf Mangel oder Kritik zu legen, sondern auf das, was heute bereits da ist. Auf das, was Frauen als wertvoll empfinden.
Inspiriert durch Gespräche mit älteren und jüngeren Frauen in meinem Umfeld entwickelte ich eine Fragestellung, die zeitlich übergreifend funktioniert: Wofür bist du in der heutigen Gesellschaft dankbar? Und wofür warst du vor 25 Jahren oder wirst du in 25 Jahren dankbar sein, je nachdem, wo du gerade im Leben stehst?
Ich wollte sichtbar machen, wie sich gesellschaftliche Bedingungen, Wünsche und Werte über Generationen hinweg verändern.. oder eben auch gleich bleiben.
Moodboard
Das Moodboard diente mir als visuelle Leitlinie für mein Projekt. Es vereint Themen, die mich von Anfang an bewegt haben: Beziehungen, Selbstwahrnehmung, das Älterwerden, gesellschaftliche Rollenbilder und emotionale Tiefe. Durch die Bildauswahl konnte ich mich früh auf eine bestimmte Bildsprache und Stimmung einstimmen - sensibel, echt und nahbar.
Es half mir, meine Gedanken zu sortieren und die Ausrichtung meiner fotografischen Zeitkapsel klarer zu fassen.
Zwischenübungen
Im Verlauf des Projekts habe ich verschiedene analoge fotografische Techniken ausprobiert. Besonders intensiv habe ich mich mit der Arbeit mit einer Lochkamera beschäftigt. Dabei habe ich erste Experimente unternommen und versucht, auch Menschen mit der Lochkamera abzubilden – was überraschend gut geklappt hat. Ich war mit den Ergebnissen sehr zufrieden und habe gemerkt, wie viel Spaß mir diese entschleunigte, experimentelle Arbeitsweise bereitet.
Außerdem habe ich in der Dunkelkammer einige Fotogramme erstellt. Obwohl ich dafür nicht ganz so viel Zeit aufgewendet habe, bot diese Technik eine spannende Möglichkeit, sich mit den Grundlagen der fotografischen Belichtung und Komposition auseinanderzusetzen.
Darüber hinaus war ich bereits auf dem Campus unterwegs, um Kommilitoninnen mit meiner Kamera zu porträtieren. Diese Portraits sollen später Teil meiner fotografischen Zeitkapsel werden.












Umsetzung
Ich entschied mich für eine Kombination aus Porträtfotografie und den schriftlich festgehaltenen Aussagen der Frauen. Dafür zog ich mit meiner Kamera durch ganz Leipzig - oft zu Fuß oder mit dem Fahrrad.
Nachdem ich sie fotografiert hatte, nahm ich mir Zeit für ein offenes Gespräch. In Parks, auf Plätzen oder einfach mitten in der Stadt entstanden so intensive Begegnungen. Manche Gespräche dauerten nur wenige Minuten, andere zogen sich zu fast einer Stunde - nie geplant, aber oft sehr berührend.
Ich fühlte mich vielen dieser Frauen auf besondere Weise verbunden, inspiriert und berührt von dem, was sie mit mir teilten.
Ihre Antworten auf meine Fragen zur Dankbarkeit, im Jetzt, rückblickend oder vorausschauend, notierte ich im Anschluss und verarbeitete sie später digital weiter. So entstand eine Sammlung aus Fotografien und persönlichen Aussagen, die gemeinsam eine intime, generationenübergreifende, feministische Zeitkapsel bilden.
weiterer Prozess
Insgesamt habe ich 37 Frauen fotografiert (inklusive mir selbst).
Es waren sowohl fremde Frauen, die ich auf der Straße angesprochen habe, als auch Frauen aus meinem persönlichen Umfeld und aus dem Hochschulkontext. Besonders wichtig war es mir, auch eine persönliche Ebene mit einzubringen: Ich habe meine Mama, meine Oma meine beiden Schwestern und meine Cousine porträtiert und ihre Gedanken in das Projekt integriert. Dieser familiäre Anteil hat dem Projekt für mich eine tiefere, emotionale Bedeutung verliehen.
Parallel zur fotografischen Arbeit habe ich viel Zeit mit der Sichtung, Auswahl und Nachbearbeitung der Bilder verbracht. Dabei ging es nicht nur um technische Korrekturen, sondern vor allem auch um eine sensible Bildauswahl, die den Menschen und ihren Aussagen gerecht wird. Im Austausch mit Daniela, meinen Kommilitoninnen sowie engen Freundinnen habe ich regelmäßig Feedback eingeholt, um den Blick von außen einzubeziehen und neue Perspektiven zu gewinnen.
Um den Überblick zu behalten, habe ich eine Tabelle erstellt, in der ich nach jedem gesammelten Foto alle relevanten Daten festgehalten habe, darunter Name, Alter, Antworten auf die Interviewfragen, die zugehörigen Bilder sowie Kontaktdaten für eine mögliche spätere Übermittlung der Fotos.




















Beispielergebnisse


































Ausstellung
Am Ende unseres Kurzprojekts hatten wir die Möglichkeit, unsere Arbeiten im Rahmen einer kleinen Ausstellung an der Hochschule zu präsentieren. Ich habe diese Gelegenheit genutzt, um die Ergebnisse meiner fotografische Zeitkapsel auszustellen. Es war ein besonderes Gefühl, das eigene Projekt in einem Ausstellungskontext zu sehen und mit anderen ins Gespräch darüber zu kommen. Die Ausstellung hat dem Kurs einen schönen, wertschätzenden Abschluss gegeben und den Raum für Austausch und Reflexion geöffnet. Für mich war es eine bereichernde Erfahrung, meine Arbeit auf diese Weise zu teilen.




Fazit
Das Kurzprojekt war für mich eine sehr bereichernde Erfahrung, sowohl inhaltlich als auch gestalterisch. Ich konnte mich intensiv mit dem Thema der fotografischen Zeitkapsel auseinandersetzen und dabei verschiedene Techniken ausprobieren, die mir zuvor noch nicht vertraut waren.
Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich das Projekt gerne weiterentwickeln und auch außerhalb des Kurses daran weiterarbeiten möchte, weil ich darin noch viel Potenzial sehe.
Für mich steht fest: Ich werde meine Zeitkapsel zu meinem 50. Geburtstag - also in 25 Jahren - wieder öffnen. Ich bin jetzt schon gespannt, wie es sich anfühlen wird, die Inhalte durchzusehen und zu reflektieren, was sich in der Zwischenzeit verändert hat oder vielleicht auch gleich geblieben ist.
Ein herzlicher Dank geht an Daniela Friebel für die inspirierende Begleitung, die vielen hilfreichen Impulse und den Raum, den sie uns für eigene Ideen und Experimente gegeben hat.