Recherche/Inspiration
Zunächst begann ich damit, mir Inspiration zu holen und herauszufinden, welche gestalterischen Möglichkeiten das Thema bietet. Dafür habe ich viel auf Pinterest recherchiert und verschiedene Ansätze gesammelt, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie vielfältig der Begriff Pop-up interpretiert werden kann. Dabei wollte ich ihn nicht nur im klassischen Sinne – also als physisch aufklappbares oder herausspringendes Element – verstehen, sondern auch offener und abstrakter denken. So habe ich überlegt, wie sich der Pop-up-Gedanke beispielsweise durch aufbauende Bewegungen, überraschende Übergänge oder visuelle Effekte in einer Animation umsetzen lässt.
Idee
Ich habe mich schließlich dazu entschieden, den Song „Wings“ von Mac Miller als Grundlage für meine Animation zu wählen. Die Idee war, ein Lyric- bzw. Musikvideo zu gestalten, das die emotionale Tiefe und Bedeutung des Songs visuell einfängt. In „Wings“ reflektiert Mac Miller über Heilung, Selbstakzeptanz und innere Stärke – er beschreibt, wie er sich von den dunklen Phasen seines Lebens löst und wieder Hoffnung und Leichtigkeit findet. Besonders durch seinen frühen Tod erhält der Song eine noch intensere emotionale Wirkung, die ich gestalterisch betonen wollte.
Mein Konzept sah vor, verschiedene Typo-Animationen mit Collagen und Parallax-Effekten zu kombinieren, um eine vielschichtige, lebendige Bildsprache zu schaffen. Der Pop-up-Stil sollte sich in Form von Rotationen, Skalierungen und aufbauenden Bewegungen widerspiegeln – Elemente, die sich entfalten und räumlich voneinander abheben.
Ergänzt werden sollte das Ganze durch gezielte Kamerabewegungen, Ambient Sounds und feine Detailanimationen, um dem Video mehr Tiefe und Dynamik zu verleihen. So entsteht eine stimmungsvolle audiovisuelle Interpretation, die den Charakter und die emotionale Stärke des Songs aufgreift und visuell erlebbar macht.
Moodboard
Storyboard/Drehbuch
Anschließend begann ich mit der Konzept- und Storyboard-Phase, um eine klare visuelle Struktur für das Projekt zu entwickeln. Dafür habe ich den Song in mehrere Abschnitte unterteilt und jeden Part einzeln analysiert. Ich wollte verstehen, welche Emotionen und Stimmungen die jeweiligen Passagen bei mir hervorrufen und wie sich diese Gefühle gestalterisch umsetzen lassen.
Zu jedem Abschnitt habe ich mir notiert, welche Atmosphäre, Farbwelt und Bildinhalte passen könnten – also beispielsweise, ob ein Part eher ruhig, melancholisch oder hoffnungsvoll wirkt und welche visuellen Elemente dieses Gefühl unterstützen könnten. So entstand nach und nach eine Art emotionaler Leitfaden, der mir half, den Aufbau des Videos konsistent zu gestalten.
Das Storyboard diente mir dabei nicht nur als technischer Ablaufplan, sondern vor allem als visuelle Übersetzung der Musik: Jede Farbe, jede Bewegung und jede Szene sollte die Stimmung des jeweiligen Songteils widerspiegeln und gemeinsam ein harmonisches, stimmungsvolles Gesamtbild ergeben.
Animatic
Daraufhin habe ich begonnen, erste Animatics zu erstellen, um ein besseres Gefühl für den Ablauf, die Dynamik und den visuellen Stil meines Projekts zu bekommen. Ziel war es, die zuvor im Storyboard festgehaltenen Ideen in eine erste grobe Bewegtbildform zu bringen und auszuprobieren, wie die verschiedenen Elemente – Typografie, Bewegung, Bildkomposition und Rhythmus – zusammenwirken.
In diesen Tests habe ich mit unterschiedlichen Kameraeinstellungen, Bewegungsabläufen und Übergängen experimentiert, um herauszufinden, welche Inszenierung am besten zur Stimmung des Songs passt. Besonders wichtig war mir dabei, den gewählten Pop-up-Stil konsequent umzusetzen und zu sehen, wie sich dieser in Bewegung anfühlt – also, wie sich Objekte aufbauen, auseinanderfalten oder durch Skalierung und Rotation in Szene setzen lassen.
Die Animatics halfen mir dabei, frühzeitig zu erkennen, welche Ideen visuell gut funktionieren und wo noch Anpassungen nötig sind. So konnte ich den Look, das Timing und die Wirkung einzelner Sequenzen gezielt verfeinern und eine solide Grundlage für die spätere Feinausarbeitung der finalen Animation schaffen.
Produktion
Anschließend begann die eigentliche Produktionsphase der Animation. Da ich mich für eine Collagen-Animation entschieden hatte, bestand der erste große Schritt darin, eine Vielzahl an Assets vorzubereiten – also einzelne Bildelemente, Texturen, Typografiefragmente und grafische Details, die später in der Animation zusammenspielen sollten. Dieser Prozess war äußerst zeitintensiv, da jedes Element sorgfältig freigestellt, bearbeitet und aufeinander abgestimmt werden musste, um später im Zusammenspiel stimmig zu wirken.
Durch die große Menge an Material wurde das Projekt schnell sehr datenintensiv – die vielen Ebenen und Bilddateien beanspruchten nicht nur viel Speicherplatz, sondern machten auch das Arbeiten innerhalb von After Effects teilweise recht aufwendig. Trotzdem konnte ich dank meiner Erfahrung mit After Effects effizient und strukturiert vorgehen. Ich wusste, wie ich mit komplexen Kompositionen, Pre-Comps und Effekten umgehen musste, um den Überblick zu behalten und die Performance des Projekts so gut wie möglich zu optimieren.
In dieser Phase ging es vor allem darum, die zuvor geplanten Bewegungen, Übergänge und Effekte präzise umzusetzen und den visuellen Rhythmus des Songs zu treffen. Trotz des hohen Aufwands war dieser Teil besonders spannend, weil hier alle Ideen aus der Konzeptphase endlich zusammenkamen und das Projekt Schritt für Schritt lebendig wurde.
Insgesamt umfasste meine Asset-Liste über 10.000 Dateien, was das Projekt zu einer echten organisatorischen Herausforderung machte. Am Ende habe ich tatsächlich nur rund 787 dieser Files im finalen Projekt verwendet – dennoch war allein die Vorbereitung und Sortierung dieser riesigen Datenmenge sehr zeitaufwendig. Jede einzelne Datei musste gesichtet, angepasst und in die richtige Struktur eingeordnet werden, um im Produktionsprozess reibungslos arbeiten zu können.
Ein besonders aufwendiger Teil des Workflows bestand darin, für nahezu jedes Asset eine eigene Precomposition (Precomp) anzulegen. Das war notwendig, weil ich mit sogenannten unfold Greenscreen Paper Animations gearbeitet habe – also mit Videoclips, die das Aufklappen oder Entfalten eines Papierstücks simulieren. Diese Animationen mussten in After Effects zunächst sauber freigestellt und mit Track Mattes kombiniert werden, um sie nahtlos in die Collage integrieren zu können.
Dieser zusätzliche Schritt bedeutete, dass ich für jedes verwendete Element nicht nur die Animation platzieren, sondern auch eine eigene technische Ebene für das Freistellen und die Maskierung anlegen musste. Dadurch vervielfachte sich der Arbeitsaufwand, vor allem, weil viele dieser Assets manuell angepasst werden mussten, um harmonisch miteinander zu funktionieren. Trotzdem hat sich die Mühe gelohnt – durch diesen Prozess konnte ich den charakteristischen, handgemachten Pop-up-Look erreichen, der der gesamten Animation ihre Tiefe und Lebendigkeit verleiht.
Finale Animation
Fazit
Zusammenfassend war das Kurzprojekt für mich eine unglaublich bereichernde Erfahrung – wie eigentlich alle Motion-Design-Projekte bei Matthias Jüsche. Besonders geschätzt habe ich erneut die große kreative Freiheit, die uns in der Umsetzung gegeben wurde. Dadurch konnte ich meine bisherigen Fähigkeiten nicht nur anwenden, sondern auch gezielt weiterentwickeln und neue gestalterische Ansätze ausprobieren.
Das Thema „Pop-up“ war für mich zunächst etwas völlig Neues und hätte vermutlich ohne dieses Projekt gar nicht meine Aufmerksamkeit erregt. Umso spannender war es, sich intensiv mit den gestalterischen und technischen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, die hinter diesem Begriff stecken. Das Projekt hat mir gezeigt, wie vielseitig man das Prinzip des Aufklappens, Entfaltens oder Aufbauens interpretieren kann – sei es in 2D, 3D oder durch abstrakte Animationstechniken.
Durch die Arbeit an diesem Projekt habe ich nicht nur meinen Umgang mit After Effects und komplexen Collagen-Workflows verbessert, sondern auch gelernt, meine Ideen effizienter zu strukturieren und technisch sauber umzusetzen. Besonders der Umgang mit großen Datenmengen, Precomps und Track-Mattes hat meine Produktionsroutine als Motion Designer spürbar erweitert.
Insgesamt war das Projekt für mich eine gelungene Mischung aus kreativer Herausforderung, technischer Vertiefung und persönlichem Wachstum. Ich bin stolz auf das Ergebnis und fühle mich nach diesem Kurzprojekt als Motion Designer wieder ein Stück sicherer, erfahrener und inspirierter.