In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Was ist Mode/Kleidung? Wohin entwickelt sich das alles? Und wo stehen wir momentan? Wir haben uns mit Modefragen beschäftigt, ohne konkrete Antworten zu suchen. In unserem ergebnisoffenen Projekt haben wir uns geschichtlich, konzeptionell, technisch und spekulativ mit den Fragen bezüglich der Modebranche auseinandergesetzt.
Wir haben unseren Designprozess mit einer künstlerischen Herangehensweise verbunden.
Wir wollten unseren Prozess freier und intuitiver als den herkömmlichen Designprozess gestalten. Deshalb haben wir Elemente aus der künstlerischen Arbeitsweise übernommen.
Wir wollten erst mal „machen“, im Nachhinein erkennen was getan wurde, Interpretationen zulassen, zweideutig kommunizieren und am Ende an einem Anfang sein = einen Ausblick auf ein „Never Ending“.
Für die Research Phase nahmen wir uns die erste Hälfte des Semesters Zeit. Wir recherchierten wild und ohne Richtung. Jeder für sich: darauf folgten regelmäßige Vorträge für die jeweils andere Person um uns gegenseitig ständig auf dem Laufenden zu halten.
Dabei haben sich zwei Schlüsselthemen herauskristallisiert Haute Couture und Virtuelle Mode, welche sich beide eine gemeinsame Frage stellen : wie sieht die Zukunft der Mode aus?
Der größte Problempool in der Modeindustrie ist momentan: Fast Fashion! Dies trägt einen riesigen Teil zur Umweltverschmutzung bei. Befeuert den Konsum und den Kapitalismus und fördert die Wegwerfgesellschaft.
Haute couture (franz. gehobene Schneiderei) ist das Konzept von maßgeschneiderter Mode, welche in Handarbeit aus hochwertigen Materlialien gefertigt wird. Diese Mode hat oft einen hohen ästhetischen und künstlerischen Anspruch. Haute couture wird in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Kund*innen produziert, an deren Körper die Kleidung nach ihrem Belieben passgenau geformt wird. Um als Modehaus den Titel Maison de Couture (Haus der Schneiderei, also den haute couture Titel) tragen zu dürfen, muss das Unternehmen eine Reihe von Kriterien erfüllen, welche von der Fédération de la Haute Couture et de la Mode aufgestellt und geprüft wurden. So muss das Modehaus unter Anderem ein Atelier in Paris mit 15 Mitarbeiter*innen haben und zwei mal im Jahr eine Kollektion mit mindestens 50 eigenen Designs präsentieren, die sowohl Tages- als auch Abendmode beinhalten. Haute couture ist bis heute geprägt von Tradition und einem hohen Standard an Exklusivität, wodurch die meisten Bevölkerungsschichten keinen Bezug zu diesem Handwerk herstellen können.
Heute gibt es ungefähr 200 Kund*innen, die sich haute couture leisten können und die sich regelmäßig von Maisons de Couture einkleiden lassen. Was hat der Rest der Welt also davon? Im Zuge der Digitalisierung und der zunehmenden Wichtigkeit des Internets, haben sich online verschiedene Nischen entwickelt, die sich ganz unterschiedlich mit dieser Form der Mode auseinandersetzen. Unser Modekonsum hat sich in einen digitalen Bereich verlagert, in dem wir die Kleidung nicht mehr selber tragen oder bei anderen auf der Straße sehen, sondern in dem wir Mode digital konsumieren.
Auf Instagram und Twitter werden looks der runway shows geteilt und verbreitet; zum einen als Inspiration für das Individuum, zum anderen als Werbung für das Modehaus. Auf Youtube oder Discord beschäftigen sich channels in Form von reviews, Analysen, Interpretationen oder fashion roasts mit den aktuellen Kollektionen und Trends. Sie schlüsseln die Hintergründe und Referenzen der Designer*innen auf und diskutieren zusammen mit den Followern über deren Arbeit und Aktualität. Zusätzlich dazu werden in tausenden Modeblogs und online Magazinen die heißesten und aktuellsten trends zusammengefasst und für die Leser*innen veranschaulicht. Neben den looks gibt es hier preiswerte Alternativen zu den kostspieligen Kleidungsstücken der haute couture Häusern.
Durch die Corona-Krise erlebten wir fast so etwas wie „einen Siegeszug des Digitalen“. Liegt darin eine Chance für die Mode? Momentan sind giftige Chemikalien, gigantischer Wasserverbrauch, prekäre Arbeitsbedingungen und Berge von überproduzierter Fast Fashion ein Nebenprodukt der Modewelt. Die Branche kann was Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen angeht vom digitalen Fortschritt profitieren. In Bezug auf physische Kleidung bedeutet das Ganze zum Beispiel: das mithilfe von neuen Techniken und künstlicher Intelligenz Produktions und Lieferketten so optimiert werden können, dass am Ende nur das Produziert wird was auch gebraucht wird. z.B. über intelligente 3D Programme, die schon beim Entwurf die Stoffreste gen Null kalkulieren. Oder mit „Smart Mirrors“ (werden momentan auf Messen oder im Geschäft eingesetzt) -in so einem Shop hängt dann ein Hemd nur noch 1x in einer Farbe. In einer Umkleidekabine kann man dann andere Varianten, über intelligente Spiegel die den Körper scannen, als virtuelle dreidimensionale Kleidungsstücke anprobieren. Beispiel „The Fabricant“ (Modehaus) - hier wurde das erste Computergenerierte Couture Kleid namens „iridEscence“ entwickelt und für 9500 Doller verkauft.
Durch Blockchaintechnologie kann man Vervielfältigung und Limitierungen steuern, man erwirbt gewissermaßen eine Lizenz das digitale Kleidungsstück zu besitzen. Ob die Lizenz dann ein mal oder hundert Mal erworben wird legt der/die Hersteller*in fest. Es wird momentan viel an Körpererkennung gearbeitet die digitale Kleidung soll sich wie maßgeschneidert über die eigene Silhouette legen.Vieles ist schon irgendwie möglich aber die Technik ist noch nicht richtig ausgereift. Digitale Mode muss nicht an physische Mode herankommen! Das Digitale eröffnet andere ästhetische faszinierende Morphologien, die man Wiederrum physisch nicht vorfinden kann.
„Mode soll Spaß machen, ohne ein Witz auf Kosten von anderen zu sein.“ -Celina Plag
Funktion (keine, viele, eine)
Dynamik (fließend, plätschernd, wallend)
Kontrast (Stoffkontraste, Farbe, Silhouette, Stil)
Farbe (monochrom, strahlend, beißend, optisch täuschend)
Transparenz (Intimität, Zart, diffus)
Volumen (raumfüllend, raumnehmend, körperlich)
Storytelling (Symbolik, Werte, Politik)
Symmetrie/Asymmetrie
Für unseren weiteren Prozess haben wir uns einen Rahmen gesetzt, in dem wir gestalten möchten. Wir haben die Dynamik „plätschernd“, den Zustand „zart“ und die Stimmung „intim“ als Kriterien gewählt, die in den finalen looks kommuniziert werden sollten.
Jonas hat sich der Herstellung eines Coutureoutfits gewidmet. Er hat die Dynamik des plätscherns in Fransen an einem Jeans Rock übersetzt, welcher aus recycelten Hosen besteht. Jeanssstoff ist von der Produktion her sehr umweltschädigend und die Jeanshosen heute sind zB nicht mehr so robust, wie sie es einmal waren. Durch den steigenden Verschleiß und auch durch die Jeansproduktion einhergehende Wasserverschmutzung, steht der Rock auch für einen Moment, den man sich nehmen kann, um zu reflektieren, was man eigentlich trägt und was man damit unterstützt.
Die Fransen erweitern die Bewegung der tragenden Person und schaffen plätschernde Dynamiken beim gehen und drehen. Um die Fransen des Rockes kontrolliert zu schaffen, hat Jonas einzelne Fäden aus dem Jeansstoff gezogen. Dafür hat er ungefähr 5 Staffeln Star Wars the Clone Wars gebraucht.
Nachdem der Rock und noch ein passendes Oberteil genäht waren, wurden beide Kleidungsstücke in zwei Fotoshootings inszeniert. Bei einem Shooting konzentrierten sich Bonita und Jonas mit ihrem Model Camila auf den intimen und zarten Aspekt des Outfits. Bei dem anderen Fotoshooting lag der Fokus auf dem Plätschern und einer dynamischen Inszenierung.
Mit den gemeinsam festgelegten Schlüsselkriterien, und dazu passenden Umständen begann Bonita ebenfalls ihren Designprozess, aber in eine völlig andere Welt. Auch hier sollte der Zustand wieder „Zart“, die Bewegung „Plätschernd“ und die Situation oder Wirkung, auf den Betrachtenden, „Intim“ sein.
Bonita begann sich schon während ihres Entwurfsprozesses mit unterschiedlichen 3D Programmen auseinander zu setzen um realistisch ihre Möglichkeiten zu kalkulieren. „Zu was bin ich als absolute Anfängerin im Stande, was ist schiffbar?“
Dabei sah sie sich vor allem folgender Situation konfrontiert: Im 3D Programm gibt es kein Licht, keinen Boden, keine Gravitation, nichts. Die Grundvorraussetzungen, welche die physische Welt bietet, sind im digitalen Raum nicht gegeben. Bonita lernte neu zu denken, um die Möglichkeiten und die Arbeitsweise im virtuellen Raum verstehen zu können. Nur so konnte sie ein virtuelles Outfit herstellen, welches keine Imitation physischer Mode, sondern ein nur in der virtuellen Welt erhältliches Outfit ist.
Das entworfene Kleid hat einen leuchtend warmen Kern, welcher das Avatar überhaupt erst sichtbar macht, da es ohne den Lichteinfall, durch seine durchsichtige Substanz, verschwinden würde. Das Avatar soll kühl und weder lebendig noch tot wirken.
Plätschernde Ad-Ons in Form von schwebenden Tropfen lassen die Zeit stillstehen und doch plätschert sie auch an einem vorbei. Im virtuellen Raum gibt es keinen Verschleiß (es sei denn er wird programmiert), wird das Projekt nicht gelöscht könnte es unendlich lang existieren. Hier wird eine Brücke zur „Quelle der ewigen Jugend“ gezogen, welche von den Naturgeistern, den Nymphen, oder auch Undinen bewohnt wird. Der bewusste Bezug aus der Virtuellen Welt in unsere Natur, soll vor allem kritisch schon vorhandene Möglichkeiten beleuchten und auch hier auf eine abstrakte Art zum Überdenken von ungenutzten Möglichkeiten und dem eigenen Verhalten anregen.
Kreativität braucht einen Rahmen. Jonas hatte einen Rahmen und konnte so den Gestaltungsprozess schneller und einfacher beginnen. Bonita hatte grenzenlose Möglichkeiten und musste sich erstmal einen Rahmen ausdenken. Ihre Herausforderungen waren es, sich die Sprache und Logik der virtuellen Welt und der 3D-Programme anzueignen. Im digitalen Raum gibt es weder Licht, Material noch Schwerkraft, bis man sie hinzufügt. Jonas lernte wie zeitaufwendig das Schaffen von Couture und vor allem wenn es an die Detailarbeit geht, wie zum Beispiel das ausfransen von Jeans.
Zusammenfassen kann man sagen:
Es geht nicht darum die physische Mode zu vertreiben, denn der Mensch ist ja ein physisches Wesen. Wohl aber kann das Digitale die physische Mode so entschlacken, dass das, was übrig bleibt, nachhaltig, fair und inspirierend ist.Künftig wird es wahrscheinlich ein hybrides Miteinander geben von virtuellen und physischen Lösungen - die unsere Welt zu besseren orten machen kann.