In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
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Das Freie Großprojekt „Ins Blaue“ stand unter dem weitreichenden Thema Wasser. Zur Themenfindung tauchte ich ein ins tiefe Blau und fand schließlich in den Tiefen des leben schenkenden Elements ein Ergebnis, mit dem ich anfangs nicht gerechnet hätte.
In unserem Sonnensystem ist die Erde der einzige Planet, auf dem es flüssiges Wasser gibt. Im Wasser entstand das Leben. Es wird vermutet, dass das Wasser ursprünglich von Kometen stammt. Kometen sind Klumpen aus Eis und Staub, die sich am Rand des Sonnensystems bildeten. Einige gerieten auch auf Bahnen ins Innere des Sonnensystems. So wurden sie Bestandteil frisch entstehender Planeten. Zu Beginn waren die jungen Planeten so heiß, dass das Gestein schmolz und sich eine flüssige Kugel daraus formte. Das Eis der Kometen verdampfte. Da der Wasserdampf leichter als die geschmolzene Gesteinsmasse war, wanderte er Richtung Oberfläche und entwich durch Vulkane in die Atmosphäre. Als die Erde schließlich abkühlte, wurde der Wasserdampf flüssig und es begann zu regnen. Es regnete mehrere tausend Jahre lang. Dadurch wurden große Teile der Erdoberfläche überflutet. So entstanden die heutigen Ozeane.
Etwa zwei Drittel der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. Wasser ist die Formel des Lebens. Es handelt sich hierbei um die einzige chemische Verbindung auf der Erde, welche in der Natur in sämtlichen Aggregatszuständen vorkommt (flüssig, fest und gasförmig). Die Ozeane enthalten dabei fast die gesamte Wassermenge der Erde. Große Wassermassen sehen wir blau, weshalb die Erde auch als „Blauer Planet“ bezeichnet wird. Die Südhalbkugel ist fast vollständig von Wasser bedeckt. Schnell kommt man zu der Annahme, Wasser existiere im Überfluss und ist selbstverständlich. Doch das salzige Wasser der Meere ist nicht als Trinkwasser geeignet. Circa 97 Prozent der Wassermenge der Erde ist Salzwasser. Nur ein kleiner Teil des Wasservorrats auf der Erde ist Süßwasser (3 Prozent). Das wenige Süßwasser befindet sich vor allem im gefrorenen Zustand in Gletschern und Eiskappen. Nur ein vergleichsweise winziger Bruchteil davon befindet sich im Grundwasser, in Seen, Flüssen und der Luft. Trotzdem würde das Süßwasser für alle Menschen auf der Welt ausreichen, wenn es gleichmäßig verteilt wäre. Etwa ein Fünftel der Weltbevölkerung hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Industrienationen verbrauchen täglich Unmengen an Wasser.
Das ist nicht nachhaltig. Mit dem zunehmenden Wachstum der Weltbevölkerung, steigt die Industrialisierung und somit auch der Wasserbedarf stetig an. Der Grundwasserspiegel hingegen fällt immer weiter ab.
In Deutschland finden wir uns in der privilegierten Position wieder, Trinkwasser rund um die Uhr zur Verfügung zu haben. Für uns ist das das selbstverständlichste auf der Welt. Vielerorts wird Trinkwasser regelrecht verschwendet. Auch anderswo auf der Welt werden Alltagsprodukte in besonders trockenen Regionen angebaut, private Pools gefüllt oder Golfplätze bewässert.
Erschwerend hinzu kommt, dass Wasserverschwendung oft auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist. Sie findet im Verborgenen statt. Dazu kann ein Blick auf das eigene Konsumverhalten hilfreich sein. Für die Herstellung einer Jeans werden im Durchschnitt mehr als 5000 Liter Wasser benötigt. Für die Produktion von Rindfleisch sind es sogar über 10000 Liter. Auch hier wird ersichtlich: Das Thema Wasser geht alle etwas an. Auch für die Toilettenspülung, die Waschmaschine und besonders für die Produktion von Lebensmitteln und Industriegütern wird viel Wasser benötigt.
Besonders groß ist der Wassermangel in Ländern Afrikas südlich der Sahara (Äthiopien, Nigeria, Tschad). Dort gibt es kaum Süßwasser, da es sehr selten regnet und die Erde trocknet schnell und das Grundwasser versickert. Oft müssen die Menschen viele Kilometer weit laufen, um Wasser zum Kochen oder Waschen zu holen. In solchen Regionen ist Wasser unglaublich wertvoll. Von Wassermangel ist auch dann die Rede, wenn zu wenig sauberes Wasser zur Verfügung steht. Ärmeren Ländern fehlt oft das Geld für Kläranlagen, um Wasser zu reinigen und Bakterien zu beseitigen.
Der größte Feind des Trinkwassers ist die Übernutzung und die Verschmutzung des Wassers. Der massive Einsatz von Pestiziden, sowie Mineraldüngern und das Ausfahren von Jauche auf die Felder gefährden unser Wasser. Denn so gelangen Chemikalien und andere Stoffe in den Wasserkreislauf und schließlich in unser Trinkwasser, ins Grundwasser. Diese müssen im Klärwerk aufwändig aus dem Wasser gefiltert werden. (Viele Stoffe davon können nicht rückstandslos in Klärwerken herausgefiltert werden, beispielsweise Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und Medikamenten. )
Es muss mehr Bewusstsein geschaffen werden. Denn Wasser ist das Element, ohne das der Mensch keine Woche überleben könnte. Nach der Luft brauchen wir Wasser. Ohne Wasser kein Leben. Wie kostbar Wasser ist, ist dem Menschen in unseren Breitengraden oft nicht richtig bewusst, da unsere Wasservorräte unbegrenzt erscheinen.
Bereist kleine Schritte, wie der Konsum von regionalen und saisonalen Produkten kann helfen. Zudem kann das Überdenken des eigenen Fleischkonsums durchaus Sinn machen, um Wasser zu sparen. Außerdem sollte man nur das einkaufen, was man wirklich benötigt. Denn mit jedem Lebensmittel, das weggeworfen wird, werfen wir ebenfalls die Wassermenge, die für die Produktion benötigt wurde in den Mülleimer. Man kann versuchen Alltagsgegenstände möglichst lange zu nutzen und sie zu reparieren oder recyceln.
Um mich in meinem täglichen Leben an das Sparen und meine Rolle und meinen Einfluss im Umgang mit der Ressource Wasser zu erinnern, entschied ich, drei tragbare Skulpturen anzufertigen.
Bereits in der Steinzeit schmückten sich die Menschen. Denn der Wunsch sich zu schmücken ist dem Menschen innewohnend. Früher hatte Schmuck oft symbolische oder religiöse Bedeutung. Insbesondere Ringe werden von der Menschheit seit tausenden von Jahren getragen und gelten als eines der ältesten und meist verbreitetsten Schmuckstücke. Zunächst bestanden die Ringe aus Knochen, Holz oder Stein. Später wurden sie aus Metallen und Steinen gefertigt. Besonders in der Zeit, in der es noch keine Spiegel gab, waren Ringe sehr beliebt. Denn einen Ring kann man selbst bei jeder Handbewegung sehen und sich daran erfreuen. Oft erzählt Schmuck Geschichten und ist individuell. Daher sollten sie Ringe als Erinnerungsstücke fungieren.
Um die Kostbarkeit des Wassers nachzuempfinden, entschied ich mich für Silber. Silber ist ein bei uns als wertvoll angesehenes Edelmetall. Ebenso wie Wasser ist das Silbervorkommen auf der Erde unveränderlich und begrenzt. So wie alle Ressourcen ist es erschöpfbar. Aufgrund der aufwändigen Förderung wird dem Silber ein gewisser Wert zugeschrieben. Da Wasser bei uns so billig ist, vergessen wir dessen Wert schnell. Aus diesem Grund werde ich Wasser mit Silber übersetzen, um dessen Wert sichtbar zu machen. Zudem kann Silber den Aggregatszustand verändern und ins Flüssige übergehen. So können ähnlich einzigartige Formungen erschaffen werden. In der Sonne glitzert die helle Oberfläche des Metalls, so wie das Wasser unzählige Lichtreflexe im Sonnenlicht erzeugt. An oxidierten Stellen, da ist es so schwarz wie die unergründlichen Tiefen des Ozeans.
Ein Blick auf die See zeigt sie in einem Augenblick, und dieser Augenblick wird nie zurück kommen. Niemand anderes wird dieselbe Welle noch einmal brechen sehen, sie surfen.
Es sind einzigartige Formungen der Elemente.
Genauso meine Produkte.
Ich stand nun an einer Weggabelung, an der ich entscheiden musste, in welche Richtung ich gehen wollte. Man könnte eine Wasserskala auf Produkte aufdrucken, durch die sichtbar wird, wie viel Wasser in den Produkten steckt, ähnlich dem bereits existierenden Nutriscore. Auch kann eine Apple-Watch die Zeit, die fürs Händewaschen verwendet wird, messen. Möglich wäre also auch die Entwicklung einer App gewesen. Bisher stoppt die Uhr nur die Zeit. Das heißt, wenn man den Wasserhahn schließt, um die Hände einzuseifen, erkennt das die Uhr nicht. Auch gibt es bereits allseits bekannte Regeln zum Wassersparen. Jeder weiß, dass Duschen besser ist, als Baden und dass man beim Einseifen das Wasser ausschalten soll. Auch die Nutzung der Stopp-Taste an der Toilettenspülung ist bekannt. Dass man die Waschmaschine nur anschalten soll, wenn sie voll ist, und das Ökoprogramm nutzt, sollte ebenfalls selbstverständlich sein. Man kann auch Regenwasser sammeln, um den Garten zu bewässern. All diese Lösungen beziehen sich auf den direkten Verbrauch von Wasser. Mir war es sehr wichtig, auch den Verbrauch vom sogenannten „virtuellen Wasser“ mit einzubeziehen. Denn das Wasser, welches ich auf den ersten Blick nicht sehen kann, welches in Konsumgüter geflossen ist, das sichtbar zu machen hatte mein Interesse geweckt. Denkbar hierfür wäre die Veröffentlichung eines Kochbuches voll regionaler, saisonaler und veganer Rezepte, um die Menschen dazu zu bewegen Gemüsetage einzulegen und weniger Fleisch zu essen. Doch all die genannten Lösungen: der Nutriscore, das vegane Kochbuch, sind belehrend. Harald Welzer schreibt in seinem Buch Selbst denken von 2013, dass es kulturelle Lösungen braucht, keine naturwissenschaftlichen. Die Menschen zu belehren und an den Verstand zu appellieren ist nicht sehr wirkungsvoll. Denn Denken allein reicht nicht aus. Es kommt auf das Handeln an. Leider können das richtige Wissen und entgegengesetztes Handeln in unserem Verstand friedlich koexistieren. Die Menschen müssen sich ihrer Handlungsspielräume oft erst bewusst werden. Dafür braucht es gelebte Vorbilder und ich arbeite daran, solch eine Vorbildfunktion zu übernehmen.
Ich entwickle Produkte für den Alltag. Die Ringe an den Fingern sind bei jeglichen Tätigkeiten sichtbar, beim Händewaschen, sowie bei jeglichen Konsumentscheidungen. Diese sollen an den eigenen Einfluss erinnern.
Um etwas in der Gesellschaft zu verändern bedarf es laut „Selbst denken“ von Harald Welzer 3-5 % der Gesellschaft. Bei 84,1 Millionen Menschen in Deutschland sind das:
84.100.000x5:100= 4.205.000 Menschen
Die Verbreitung des neuen Bewusstseins erfolgt hauptsächlich durch Mundpropaganda. Eine Person gibt den Anstoß. In Freundesgruppen wird sich das Wissen verbreiten. Denn dort sind meist ähnliche Werte und Normen verbreitet. So sind meine Freunde empfänglich für die Informationen, da bei ihnen ein grundlegendes Interesse für das Thema besteht.
Wenn 5 Prozent der Gesellschaft mehr Bewusstsein für den Wert des Wassers erreichen, kann ein gesellschaftlicher Wandel in Gang gesetzt werden.
Im 3D-Programm (Rhino) modellierte ich nebenher Entwürfe, um genauere Vorstellungen der Fertigungsschritte, sowie der Reihenfolge der Aufbringung der Applikationen zu gewinnen.
Da ich experimentell vorgehen wollte und einige Entscheidungen erst im Fertigungsprozess treffen wollte, verfeinerte ich meine Modellierungsarbeiten vorerst nicht.
Leider bekam ich kurz vor meinem vereinbarten Besuch in der Goldschmiedewerkstatt in Halle (Saale) die Nachricht, dass die Besitzerin und ihr Mitarbeiter beide erkrankt sind. Um die Ringe doch noch realisieren zu können, lenkte ich um auf eine andere Technik. Die Zeit wurde knapp und ich besorgte mir Wachs und Feilen. So entwickelte ich innerhalb von wenigen Tagen ganz neue Ringe, da die vorherigen Modelle der applikativen Herstellungsmethode in der Goldschmiedewerkstatt angepasst waren. Wachsringe werden aber gegossen. Schließlich kontaktierte ich eine Designerin aus Halle: Katharina Bernstein. Durch sie konnte der Kontakt zu einer Feingießerei in Pforzheim hergestellt werden. Es wurden Gusskanäle angebracht und die Ringe in die Gießerei in Pforzheim geschickt. Im Anschluss folgte der letzte Schliff.
Die Änderung der Technik sehe ich im Nachhinein als Glücksfall an. Die Arbeit mit dem Wachs ermöglichte mir viel mehr Gestaltungsfreiraum ohne die Schmiedekunst zu beherrschen. Dadurch konnte ich viel organischere Formungen schnitzen, welche noch näher an das Element und seinen Charakter heranreichen.
Ich arbeitete mit röhrenförmigen Wachsrohlingen, welche ich zunächst auf die richtige Ringgröße zuschnitzte. Im Anschluss sägte ich die grobe Form zu. Danach arbeitete ich mit kleinen Feilen und Schleifpapier die eigentliche Form des Ringes aus. Um Feine Details anzubringen und Vorzeichnungen einzuritzen arbeitete ich ebenfalls mit einer Nadel, welche ich gegebenenfalls über einer Kerze erhitzte. Mit einem Feuerzeug wurden Späne entfernt und geschliffene Formen partiell zum glänzen gebracht.
Schließlich wurden die Wachsringe an der Innenseite mit Gusskanälen versehen und in eine Gießerei geschickt. Dort wurde ein „Ringbäumchen“ erstellt. An jedem Ast hing ein Ring. Das Bäumchen kam in eine zylindrische Stahlform (Küvette). Das Wachs wurde von Einbettmasse, in meinem Fall Gips, umschlossen. Es folgte ein Trocknungsprozess. Anschließend wurde das Wachs ausgeschmolzen. Danach wurde das flüssige Metall eingefüllt und durch die Zentrifugalkraft in einer Maschine in der Form verteilt.
Schließlich hielt ich die fertigen Ringe in den Händen. In der Nachbearbeitung wurden die Gusskanäle entfernt und den Ringen der letzte Schliff verpasst. Ich entschied mich dazu nur die Höhen zu polieren, um einen leichten hell-dunkel Kontrast zu erzielen und den Skulpturen Tiefe zu verleihen.
Sehr gut vorstellen könnte ich mir eine Onlinevertriebsplattform für die Ringe. Da sie im Wachsgussverfahren hergestellt wurden, sind sie nun dublizierbar. Dann müsste eine Corporate Identity entwickelt, und sich mit dem Marketing beschäftigt werden, was den Zeitraum des Projekts übersteigt. Sinnvoll wäre auch eine Verknüpfung mit Spenden für Wasserschutzorganisationen.