In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
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Das Projekt besteht aus einer Materialstudie zu dem regionalem Baumpilz „Fommes Formetarius“, auch bekannt als der Zunderschwamm. In den 4 Phasen des Projekts wird eine Literaturrecherche zu dem Pilz angefertigt, es erfolgen Materialexperiment mit dem Fruchtkörper, die Ergebnisse dieser Experimente werden auf Belastungen getestet und zum Schluss folgt der Designprozess.
Pilze sind beeindruckende Lebewesen, die uns überall umgeben. Im Rahmen dieser Masterthesis beschäftige ich mich mit dem Zunderschwamm, einem regionalen Baumpilz mit weitreichender Geschichte und beeindruckenden Eigenschaften. Ziel dieser Thesis ist es, den Zunderschwamm in all seinen biologischen Facetten kennenzulernen und die Rolle den er einst für uns Menschen gespielt hat neu zu interpretieren. Sie dient zur Auseinandersetzung mit dem Material und den Möglichkeiten die es bietet, aber auch dazu um unseren Umgang mit Materialien zu hinterfragen. Das Endprodukt steht hierbei nicht im Mittelpunkt und soll als Anwendungsbeispiel gesehen werden um die Konversation über Pilzmaterialien, in diesem Fall der Zunderschwamm, neu anzuregen und meine neu gewonnene Faszination für Pilzmaterialien mit anderen Menschen zu teilen.
Um als Designer*in zukunftsfähig gestalten zu können, sollten wir gemeinsam mit der Natur erschaffen und die Paradigmen unseres Konsumverhaltens und unserer Produktionsabläufe neu denken. Die vielfältigen Ausdrucksformen der biobasierte Materialien reichen bereits von Bio-Kunststoffen wie PLA zu Materialien hergestellt aus Bakterien, Algen, Pilzen oder Nahrungsabfällen aus der Industrie. Die Erforschung und Nutzung von innovativen biobasierten Materialien ist längst nicht mehr nur eine Designaufgabe, sondern stellt eine Überschneidung von Design, Materialwissenschaften, Biologie und dem Kunsthandwerk dar.
Genau diese Überschneidung findet man bei dem Pilz „Fomes fomentarius“, auch bekannt als der Zunderschwamm. Aus dem Fruchtkörper dieses Baumpilzes kann ein stoff- und lederähnliches Material gewonnen werden, welches noch Heute in Rumänien als traditionelles Kunsthandwerk ausgeübt wird. Das Material, welches auch als „Trama“ oder „Amadou Leather“ bezeichnet wird, bietet viele interessante biologische Eigenschaften. Die folgende Arbeit beschäftigt sich damit, die Möglichkeiten des Materials zu erforschen und die Grenzen auszutesten. Diese bestehen momentan vor allem aus mangelnder Stabilität des Materials, begrenzter Größe aufgrund des Wachstums, mangelnder Homogenität, eingeschränkter Farbkombinationen und der Ernte sowie Verarbeitung die bisher ausschließlich per Handarbeit ausgeübt wird.
Das natürliche Verbreitungsgebiet des Zunderschwamms umfasst die gesamte nördliche Hemisphäre, was ihn auch bei uns in Deutschland heimisch macht. Er kommt dort vermehrt in Nordamerika, Europa und Asien vor, jedoch fast ausschließlich in Laubwäldern. Der Pilz gehört zu der Familie der Stielporlingsverwandten (Polyporaceae) und ist ein Schwächeparasit. Dabei dringt er durch feine Sporen, welche durch die Luft verteilt werden, in kleine Wunden geschwächter Wirtsbäume ein und verbreitet sein Myzelium dort im kompletten Stamm. Dieser Befall wird auch Weißfäule genannt. Je nach Wirtsbaum und Umgebungsbedingungen wie Klima und Feuchtigkeit bildet er dann Fruchtkörper entlang des Stamms.
Als Schwächeparasit oder auch Saprobiont besteht die Aufgabe des Zunderschwamms darin, Totholz zu zersetzen und geschwächte Bäume zu Fall zu bringen. Wenn der Pilz an noch lebenden Bäumen wächst, sind diese meist schon altersschwach oder krank. Durch den eingeleiteten Zersetzungsprozess sorgt der Zunderschwamm für einen geschlossenen Stoffkreislauf im Ökosystem, in dem er die Wälder von kranken und toten Bäumen befreit und die im Holz gespeicherten Nährstoffe aufnimmt um diese später wieder für andere Lebewesen und Pflanzen zugänglich zu machen. Als Hauptsubstrat des Zunderschwamms in Mitteleuropa dient die Rotbuche, daneben werden auch häufig Birken und Pappeln besiedelt. Auch an anderen Laubgehölze wie Erlen, Ahorn oder Eichen können als Wirtsbaum dienen, kommen in der Regel jedoch seltener vor. In deutschen Wäldern findet man ihn vor allem an Buchen und Birken, dort können die einzelnen Fruchtkörper bis zu 30 Jahre alt werden und eine Breite von bis zu 30cm erreichen. Die Vorkommnisse des Zunderschwamms sind in unbewirtschafteten Wäldern sehr häufig, in Süddeutschland ist er in diesen Gebieten sogar einer der häufigsten Pilzarten. In intensivbewirtschafteten Waldgebieten ist er aufgrund der forstwirtschaftlichen Verjüngung der Wälder, der Abnahme alter und kranker Laubbäume sowie der Umforstung auf Nadelholzbestände jedoch kaum noch zu finden. Weitere Gründe für den Rückgang des Zunderschwamms sind zum einen die Absenkung des Grundwassers, sowie die Intensivierung der Landwirtschaft.
In seinem inneren Aufbau kann der Zunderschwamm sehr unterschiedlich sein. Der Wachstumsort, der Wirtsbaum und ein Wuchs am stehenden oder am liegenden Stamm erzeugen jeweils große Unterschiede im Aufbau des Fruchtkörpers, besonders bei der Tramaschicht. Gestaltende Faktoren für das Wachstum eines Fruchtkörpers bestehen aus verschiedene Kräfte, die man endo- und exogene Faktoren nennt. Die endogenen Faktoren sind die genetisch fixierten Bau- und Wachstumseigenschaften, die speziell Fomes fomentarius zukommen und einen Rahmen für die Ausgestaltungsmöglichkeiten der Fruchtkörper setzen. Was sich aber tatsächlich aus einem Fruchtkörper entwickeln wird, hängt in hohem Maße von den exogenen, d. h. den Umweltfaktoren ab, die auf den wachsenden Pilz einwirken.
Diese sind:
1. die Schwerkraft und die damit einhergehende Wachstumsausrichtung
2. makro- und mikroklimatische Faktoren, besonders der Witterungsverlauf während der Fruchtkörperentwicklung, der durch hohen oder niedrigen Feuchtigkeitsgehalt der Luft und die Temperaturen das Wachstum beeinflussen kann
3. die Ernährungsbasis, d. h. insbesondere das für den einzelnen Fruchtkörper zur Verfügung stehende und erreichbare Holzvolumen, der Erschöpfungsgrad des Substrates, sowie die größere oder geringere Widerstandskraft noch lebenden Holzes
4. der Wassergehalt des Holzes, dieser hängt auch stark von dem Witterung ab
5. der Standort des Wirtsbaumes und auch die Ansatzstelle des Fruchtkörpers am Baum, z.B. seitlich am senkrechten Stamm, seitlich, nach oben oder nach unten an schrägen oder horizontalen Ästen oder am liegenden Stamm, in Sonnenexposition oder nicht
6. die Holzart (Wirtsbaum) spielt eine Rolle bei der unterschiedlichen Entwicklung
Die ersten Spuren der Verwendung des Zunderschwamms reichen bereits etwa 10.000 Jahre, bis in die Mittel- und Jungsteinzeit, zurück. Dies wird durch etliche Funde aus Steinzeitsiedlungen belegt. Bereits Ötzi, der 1991 in den Ötztaler Alpen gefunden wurde und dessen Alter auf mehr als 5000 Jahre datiert wird, trug schon einige Stücke des Zunderschwamms auf seinen Wanderungen bei sich. Zusammen mit einem Stück Pyrit fungierte der Pilz als eine Art Feuerzeug. Durch das Zusammenschlagen von Pyrit und einem Feuerstein erzeugte Ötzi Funken, die das Pilzmaterial zum Glimmen brachten, womit sich mit etwas Geschick ein Feuer anzünden ließ. Der Name „Zunderschwamm“ weist auf genau diese Anwendung hin, welche auch noch lange nach Ötzis Zeit von Menschen genutzt wurde. Bestimmte Teile des Fruchtkörpers, auch Tramaschicht genannt, dienten zur Herstellung von Zunder, einem Produkt zur Feuerentfachung.
Der Fund des Zunderschwamms bei Ötzi ist jedoch nicht der älteste Nachweis, denn 2009 berichteten Prof. Dr. Hanns Kreisel & Dr. Jörg Ansorge in der Zeitschrift für Mykologie über den vermeintlich größten dokumentierten subfossilen Fund eines Zunderschwamms. Der Fruchtkörper stammte aus einer Baugrube bei Stralsund und wurde auf etwa 7300 Jahre datiert. Es lässt sich jedoch darauf schließen, dass bereits vor mehr als 3 Millionen Jahren Zunderschwämme auf unserem Planeten zu finden waren. Diese Annahme beruht auf Funden der ältesten bekannten Vorfahren der Buche (Fagus pliocenica), welche als Versteinerungen aus dem Tertiären Zeitalter stammen. Die Nachfrage nach Zunderschwämmen erhöhte sich durch die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten im 19. Jahrhundert enorm, wie z.B. als Rohstoff für Kleidungsstücke (Mützen, Hüte, Westen, Handschuhe, Taschen), Bucheinbände, Bilderrahmen und sogar als Korkersatz. Auch als Radiergummi für Kohlezeichnungen oder als Fliegentrockner beim Fliegenfischen fand das Material seine Verwendung. Dadurch musste der Pilz zeitweise aus Osteuropa importiert werden, da er in einigen Gebieten Deutschlands selten wurde.
Samtig weiche Hüte und verzierte Taschen die wie Wildleder scheinen, solche Gegenstände hat man früher im Bayerischen Wald und im Böhmerwald hergestellt. „Trama“ war früher ein bekanntes Textilmaterial hergestellt aus dem Zunderschwamm, heute ist das Handwerk jedoch fast ausgestorben. Nur noch am wenigen Orten wie in den Wäldern von Rumänien werden auch heute noch reichlich Zunderschwämme gesammelt und nach alter Tradition zu Kleidungsstücken verarbeitet. Zum Sammeln und Verarbeiten der Zunderschwämme benötigen die „Schwammmänner“ bestimmte Werkzeug. Dazu gehören ein kleines Handbeil, stabile Messer, scharfe Schabeisen, eine Leiter, mitunter sogar Klettersporen und der Sammelsack. Im Herbst nach dem Laubfall ist die Hauptsaison der Zunderernte, da die Fruchtkörper zu dieser Zeit den gewünschten Feuchtegrad erreichen. Die Ernte in Rumänien ist ein aufwendiges Unternehmen, denn diese findet in einem Waldgebiet in 800m Höhe statt, da die Höhenlage eine wichtige Rolle für der Qualität der Fruchtkörper spielt. Es werden außerdem mehrere Leute benötigt um die gesamte benötigte Jahresmenge ernten zu können. Am Fundort wird die Tramaschicht aus der Mitte des Fruchtkörpers heraus geschnitten in dem Sammelsack verstaut. Dies geschieht direkt vor Ort um die abgetrennte Röhrenschicht, welche die Sporen der Pilze enthält, in ihrer natürlichen Umgebung zu lassen und die Vermehrung der Pilze nicht einzuschränken. Die Lagerung erfolgt im frischen, feuchten Zustand in stets verschlossenen Folien. Die Fruchtkörper müssen so mindestens drei Wochen lang gelagert werden ,damit sie weich genug sind, um bearbeitet werden zu können. Um das Material noch weicher zu bekommen wird es in einem Gemisch aus heißem Wasser und reingesiebter Holzasche (ähnlich wie Pottasche) nochmals drei Wochen eingeweicht. Es kann bedingt auch reines Wasser zum einweichen verwendet werden, jedoch ausschließlich bei Fruchtkörpern der Birke. Nach der Einweichzeit kann die Tramaschicht nochmals für einige Stunden aufgekocht werden um die Bearbeitung zu erleichtern. Nach all diesen Prozeduren wird das Material mit sauberem Wasser ausgespült und ca. 1 Stunde lang angetrocknet, bevor man es dann je nach Beschaffenheit mit einem Hammer, Amboss oder einer Wäschemangel klopfen und walzen kann. Durch das Klopfen und händische Ziehen wird das Material weich und dehnt sich bis auf ein vielfaches seiner ursprünglichen Größe aus. Anschließend wird das Material an der Luft getrocknet. Wenn man aus solch einem Stück Trama nun einen Gegenstand wie eine traditionelle rumänische „Kappka“ (Mütze) herstellen möchte, wird dafür meist ein Holzklotz als Form verwendet. Auf diesem wird das Stück zunächst mit einigen wenigen kräftigen Schlägen mit dem Rundhammer etwas weich geklopft. Im Anschluss daran, das ist die Hauptarbeit, wird das Trama gezogen. Immer wieder muss das Material gedehnt und gezogen werden, bis es die gewünschte Größe und den Weichheitsgrad erreicht hat. Der Zunderlappen wird im noch feuchten Zustand über die Form gespannt und mit einem Spannband gehalten bis dieser getrocknet ist. So entsteht dann die„Kappka“, welche im trockenen Zustand dauerhaft die Form beibehält.
Eines der wichtigsten Bestimmungsmerkmale für den Zunderschwamm ist der charakteristische Myzelialkern. Dieser ist sonst nur noch bei bestimmten krustenlosen, einjährigen Schillerporlingsartigen (Inonotus-Arten) zu beobachten. Weitere wichtige Unterscheidungsmerkmale sind laut Jahn (1990), die beim Zunderschwamm gelbbraune bis braune Farbe der Tramaschicht und die Reaktion der Kruste mit Kalilauge, die eine blutrote bis braunrote Farbe ergibt, oder die Reaktion mit Kaliumhydroxid, die eine schwarze Farbe ergibt. Es gibt jedoch einige regionale Baumpilze, die Ähnlichkeiten mit dem Zunderschwamm aufweisen und so leicht zu Verwechslungen führen können.
Design ist grundlegend immer transformativ, denn es greift direkt in unsere Alltagsroutinen ein und gestaltet alles um uns herum mit. Es rückt unbewusst ins Zentrum unserer gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse, denn es beeinflusst unsere Handlungen, unser Denken und unsere kulturellen Muster. Unsere Wünsche und Vorstellungen materialisieren sich in Produkten, Infrastrukturen, Dienstleistungen und umgekehrt.
Die Gestaltung eines Produktes oder eines Raumes ist wesentlich mit seiner Materialität verbunden. Dabei spielt die Oberfläche mit ihren sinnlichen Eigenschaften wie Haptik und Optik eine zentrale Rolle, aber auch Aspekte wie Funktion, Qualität, Nachhaltigkeit oder integrierte Technologie. Designer*innen sollten Gestaltung immer mit Verantwortung und Respekt für die Vergangenheit, die Zukunft und den ökologischen Auswirkungen eines Produkts betrachten um gut gestalten zu können. Dabei kann spekulatives und nachhaltiges Design helfen Probleme sichtbar zu machen und die Nutzenden unterstützen ihre eigene Verantwortung und Selbstwirksamkeit zu priorisieren.
Unsere ressourcenverschwendende Industriekultur des 20. Jahrhunderts scheint mit Blick auf die knapper werdenden Rohstoffe überholt. Auf Ausstellungen und Designmessen sind bereits jetzt die Vorboten einer neuen Produktkultur der nächsten Generation zu finden, in denen ein nachhaltiger Umgang mit unseren zur Verfügung stehenden Ressourcen im Vordergrund steht. Dabei nutzen Designer*innen häufig natürliche Rohstoffe aus der Lebensmittelindustrie oder der Forstwirtschaft und nutzen natürliche Eigenschaften und Symbiosen in der Natur als Inspiration. Die kreative Auseinandersetzung mit Materialien ohne Beschränkungen auf bisherige Verarbeitung und Nutzung eröffnet neue Anwendungsfelder und Aktionsräume. Der Wunsch nach einem Paradigmenwechsel, weg von fossilen Rohstoffquellen und hin zu biobasierten Materialien und Herstellungsmethoden, wird immer präsenter.
Der Aufbau des Fruchtkörpers besteht aus einer harten 0.5 bis 3 mm dünne Kruste. Unter dieser verbirgt sich eine 2 bis 3 cm dicke, gelbbraune, zähe-fasrige, aber weiche Tramaschicht. Die Haptik dieser Schicht wird oft mit Samt oder Wildleder verglichen. Unter dem Trama schließen sich die Röhrenschichten an. Das Innere des mehrjährigen Fruchtkörpers kann im unteren Bereich bis 15 cm hoch mit der braunen Röhrenschicht ausgefüllt sein. Dies hängt von dem Alter des Pilzes ab, aber auch von den Witterungsbedingungen und dem Standort. Der Myzelialkern befindet sich dort, wo der Pilz an den Baum angewachsen ist, und stellt die Nahrungsversorgung des Fruchtkörpers sicher. Dieser ist braun-weiß marmoriert und zerfällt bei Druck in kleine Teile.
Da die von mir gesammelten Fruchtkörper alle aus unterschiedlichen Regionen stammen (ein Waldgebiet in Essen (NRW), ein Waldgebiet in Dessau (Sachsen-Anhalt) und ein Waldgebiet beim Brocken (im Harz) war es umso interessanter die Unterschiede der Pilze zu vergleichen. Dabei fielen vor allem Unterschiede zwischen den Fruchtkörpern mit unterschiedlichen Wirtsbäumen auf. Die von Birken stammenden Pilze waren im Inneren um einiges heller und weicher als die der Buchen.
Das Färben und Bleichen des Materials
Da konventionelle Färbeverfahren in der Textilindustrie beeindruckend bunte Farbergebnisse erzielen, läge es nahe mit diesen bewährten Verfahren zu arbeiten. Da diese allerdings starke negative Auswirkungen auf die Umwelt sowie auf die Gesundheit der Färber*innen hat, möchte ich bei meinen Farbexperimenten größtenteils darauf verzichten. Laut der Weltbank stammen bis zu 72 schädliche Chemikalien, die in der Wasserversorgung gefunden wurden, allein aus der Textilfärberei. Daher werde ich in dieser Testreihe fast ausschließlich Naturfarbstoffe verwendet, die gegebenenfalls mit Farbaktivatoren oder Beizen kombiniert werden. Beize ist ein Zusatzmittel, welches bei natürlichen Textilfasern zur Vorbehandlung verwendet wird, damit die Farbe tiefer ins Gewebe eindringen und somit besser Farbergebnisse erzielen kann. Dafür eignen sich z.B. Alaun, essigsaure Tonerde oder Aluminiumsulfat. Zum Vergleich und der Gesamtheit wegen werden jedoch auch drei konventionelle Färbemittel aus der Drogerie getestet.
Wasserstoffperoxid (H2O2) ist ein farblose, weitgehend stabile Flüssigverbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff. Es ist etwas viskoser als Wasser, eine schwache Säure und gegenüber den meisten Stoffen ein sehr starkes Oxidationsmittel. In der Textilindustrie ist es das Bleichmittel der Wahl für die Behandlung von Natur- und Kunstfasern wie Baumwolle, Wolle, Seide, Leinen und Viskose. Die Verwendung von Wasserstoffperoxid für Bleichvorgänge ermöglicht nicht nur ein hohes Maß an Helligkeit, sondern bewahrt ebenfalls die mechanischen Eigenschaften der Fasern. Ähnlich wie bei der Zellstoffbleichung, erfolgt dieser Vorgang in einer basischen Umgebung. Es kann nicht nur als starkes Bleichmittel, sondern auch als Desinfektionsmittel fungieren. Bei Berührung mit über 20 %iger Wasserstoffperoxidlösung können Verätzungen auftreten, verdünnte Lösungen bis zu 3% eignen sich sogar für die Zahnreinigung.
In der folgenden Versuchsreihe wurden unterschiedliche Konzentrationen auf dem Trama des Zunderschwamms getestet. Das Ziel dabei war es zu erforschen, ob und wie die Lösung sich in Kontakt mit dem Material verhält und ob es zum bleichen verwendet werden kann. Dabei wurde die Proben auf der linken Seite für 24 Stunden in der Wasserstoffperoxidlösung eingelegt, während die Proben auf der rechten Seite 48 Stunden drin blieben.
Farbe wird stark subjektiv wahrgenommen. Bittet man verschiedene Personen ein und denselben farbigen Gegenstand zu beschreiben wird man lauter unterschiedliche Aussagen als Antwort erhalten. Seheindrücke sind unter anderem von der Beleuchtung, dem Alter des Betrachters, genetischen Einflüssen und der Ermüdung der Augen über den Tagesverlauf hinweg abhängig. Daher besteht die Notwendigkeit Farben auf standardisierte Weise zu bewerten. Im folgenden Kapitel werden die Farbergebnisse durch ein fünfeckiges Netzdiagramm auf die Farbintensität, die Gleichmäßigkeit der Färbung, dem Aufwand, der Helligkeit und der Umweltfreundlichkeit bewertet. Die Umweltfreundlichkeit wird dabei auf den Farbstoff selbst und seine Herstellung begrenzt, es wird dabei nicht näher auf Lieferwege etc. eingegangen. Zu jedem verwendeten Farbstoff erfolgt noch eine kurze Erklärung zur Herstellung und Verwendung, sowie ein Foto der Pigmente im trockenen Zustand.
In dieser Versuchsreihe wurde die Weiterverarbeitung der einzelnen Naturfasern des Zunderschwamms zu homogenen Materialien getestet. Dabei wurden unterschiedliche natürliche Bindemittel verwendet, um die Naturfasern wieder miteinander zu verbinden. Ziel war es möglichst gleichmäßige und kalkulierbare Materialergebnisse zu erzielen, die im weiteren Verlauf auf Stabilität etc. getestet werden. Da die Versuche ergebnisoffen geplant waren, ergibt sich der weitere Designprozess aus den Ergebnissen. Um dabei eine relativ große Bandbreite abzudecken wurden sehr unterschiedliche Materialkombinationen getestet, welche in zukünftigen Versuchen für optimale Ergebnisse verfeinert werden sollten.
Grundlage ist in jedem Versuch mindestens eine Art der natürlicher Zunderschwammfasern. Ziel dabei war es den Zunderschwamm stets als Hauptmaterial zu verwenden und die natürlichen Eigenschaften des Materials nicht zu verlieren. Die Röhrenschicht wurde hierbei ebenfalls verwendet, um möglichst keine Abfallprodukte entstehen zu lassen und somit den gesamten Fruchtkörper zu verwenden.
Um Pilze unter Laborbedingungen züchten zu können sind einige Gegenstände wie Handschuhe, Desinfektionsmittel, Petrischalen, Skalpelle und verschließbare Boxen notwendig. Zunächst wird das Myzel in einer Petrischale herangezüchtet, dafür benötigt man Sporen des ausgewählten Pilzes und einen Nährboden, in der Pilzzucht ist dabei eine Malz-Agar-Mischung gebräuchlich. Sporen sind die „Samen“ von Pilzen, diese sind mikroskopisch klein und werden meistens auf der Unterseite des Pilzhuts gebildet. Sobald diese reif sind, fallen sie ab und verteilen sich in der Natur durch die Luft. Legt man den Hut auf ein Trägermaterial, kann man die Sporen auffangen. Das so erhaltene Muster nennt man Sporenabdruck. Sauberes Arbeiten ist hier sehr wichtig, damit die Sporen nicht schon beim Abdruck nehmen mit Kontaminationen in Kontakt kommen. Das Tragen von Handschuhen, Haarnetz und Mundschutz reduziert wesentlich das Kontaminationsrisiko. Des Weiteren ist das desinfizieren der Arbeitsfläche, der verwendeten Gegenstände und der Hände essenziell.
Pilzzucht am Balkon, im Garten oder auch im Wald. Außerhalb eines abgetrennten Bereichs hat man nicht Kontrolle über alle Einflüsse, man kann zwar für Schatten und Befeuchtung sorgen, die Kulturen müssen aber selbst mit Wetter, Kontaminationen und Schädlingen klar kommen. Wenn diese Hürden gemeistert sind, hat man aber gut angepasste und wehrhafte Kulturen. Besonders die Pilzzucht auf Baumstämmen im Garten verlangt viel Geduld, ist aber leichter zu Pflegen und bringt über Jahre hinweg wieder Pilze hervor. Die Baumstämme sollten frisch geschlagen und nicht älter als zwei Monate sein. Außerdem muss die Rinde am Stamm gut erhalten sein, da sie die Feuchtigkeit speichert. Je nach Holzart und Pilzsorte dauert es 6 – 18 Monate, bevor die ersten Pilze wachsen. In dieser Zeit breitet sich das Myzel im Inneren des Holzstamms aus. Leider ist dieser Prozess fast vollständig unsichtbar und findet unterhalb der Rinde statt. Eine gute Zeit Pilze anzubauen, sind der Frühling oder Herbst. Wichtig ist dabei, dafür zu sorgen, dass sie mindestens vier Wochen frostfrei wachsen können. Benötigt werden eine Bohrmaschine, einen frischen Laubholzstamm, gekaufte oder selbst im Labor gezüchtete Pilzdübel (ähnlich wie die Agarpetrischalen enthalten diese das Myzel des Pilzes) und einen möglichst feuchten Platz im Garten. Die Pilzkultur auf Holzstämmen braucht an einem feuchten Standort praktisch keine Pflege, das übernimmt die Natur. Dies ist die natürlichste Methode in der Pilzzucht und auch ideal für Einsteiger geeignet.
Um die Eigenschaften der erstellten Materialien zu testen wurden 3 Verfahren ausgewählt. Bei diesen Verfahren soll die Zugfestigkeit, die Reaktion des Materials auf Lasereinstrahlung und die Spannungsrissbeständigkeit/ Dehnbarkeit des Materials getestet werden.
Ziel der vorliegenden Materialstudie war es, durch eine experimentelle Herangehensweise die Möglichkeiten und Grenzen des Materials zu beleuchten. Dabei konnten neue Erkenntnisse gewonnen werden, die Teilweise vorhersehbar waren, teils jedoch auch unerwartete Ergebnisse mit sich brachten. Anhand der Durchführung von Farbexperimente wurden neue Möglichkeiten zur weiteren Verarbeitung beleuchtet, die es bisher in diesem Umfang zum Zunderschwamm als Material nicht gab.
Der Ablauf dieses Projekts war geprägt von vielen spannenden Experimenten und neu gewonnenen Fachwissen zu dem Baumpilz Fomes fomentarius, welche Erfolge aber auch Niederlagen mit sich brachten. Da Niederlagen in diesem Kontext jedoch auch Wissen mit sich bringen, ist dieses Projekt für mich grundlegend erfolgreich gewesen. Eine wichtige Erkenntnis war ebenfalls, dass die Arbeit im Labor sehr viel mehr Zeit in Anspruch nimmt als ursprünglich erwartet. Mein Zeitplan musste aufgrund dessen im Laufe dieser Thesis immer wieder angepasst und gekürzt werde.
Die Ergebnisse dieser Forschung machen deutlich, dass der Zunderschwamm als nachhaltiges Material durchaus Potenzial hat neue Relevanz in der Produktion von kleineren Gegenständen wie Taschen, Schuhen, Kopfhörern etc. zu erlangen. Ich hoffe mit dieser Materialstudie die Konversation über Pilzmaterialien im Design weiter antreiben zu können und ein Material mit einer langen Geschichte und Tradition vor der Vergessenheit zu bewahren. Gerade als Designerin ist es mir besonders wichtig, welche Materialien ich für meine Produkte verwende, da ich es als Pflicht empfinde nicht weiter Teil des Problems zu sein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Arbeit nicht nur einen kleinen Teil dazu beigetragen den Zunderschwamm weiter zu erforschen, sondern auch neue Motivation liefert das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur wieder herzustellen. Der Anthropozentrismus lässt sich mit Blick auf all die unerforschten Möglichkeiten die die Natur uns bietet noch überwinden, hin zu einer Symbiose zwischen Mensch und allen anderen Lebewesen auf unserem Planeten, solange wir uns kollektiv darauf einlassen können.
Beim Brainstorming zum Bau eines Anwendungsbeispiels, um das Material in Produktform zu testen, ergaben sich 3 verschiedene Richtungen. Zum einen wäre ein Hocker aus einer Kombination von selbstgezüchtetem Pilzmyzel als Grundstruktur und einem Polster aus dem Zunderschwammfruchtkörper interessant. Diese Idee musste ich aufgrund meiner gescheiterten Zuchtversuche jedoch verwerfen. Die nächsten beiden Ideen waren zum einen ein Oberteil aus dem Zunderschwammmaterial, welches einen symmetrischen Schnitt mit vielen Cut-Outs und kleineren Stoffstücken beinhalten sollte, um möglichst viele meiner geglückten Materialergebnisse mit einbringen zu können. Zum anderen gab es die Idee das Material in dem Bau von On-Ear-Kopfhörern zu integrieren, da bei diesen Produkten häufig Leder oder Stoffe verwendet werden, welche eine angenehme Haptik erfordert. Nach der Evaluation meiner Materialstudie bin ich aufgrund der Materialeigenschaften zu dem Entschluss gekommen, dass sich die On-Ear-Kopfhörer am meisten für das Anwendungsbeispiel des Materials eignen. Vor allem, da das Material nicht wie herkömmliche Stoffe gewaschen werden kann, was den Gebrauch als Kleidung erschwert. Des Weiteren standen mir nur kleine Mengen des Materials zur Verfügung, was ebenfalls die Idee der Kopfhörer unterstützte. Es wurden beim Brainstorming ebenfalls Ideen für Schuhe und Jackenpolster besprochen, die jedoch aufgrund von Zeit- und Materialmangel nicht weiter verfolgt wurden. Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass sich das Material für einige Anwendungen eignen könnte, dies müsste in weiteren Experimenten jedoch noch getestet werden.