In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
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In der zweiten Hälfte des 3D Orientierungsmoduls setzten wir uns mit dem Thema des Schachspielens auseinander. Dabei entwickelte ich eine neue Interpretation der Figuren in meinem Schachset „Abyss“.
Meine Mission ist es, eine neue Interpretation der Schachfiguren zu entwickeln, welche die Essenz dieser mittels organischer Formen wiederspiegeln soll. Sie sollen auf dem ersten Blick fremd wirken, bei näherer Betrachtung wird die Rolle der Figuren jedoch deutlich.
Meine Schachfiguren wollte ich mit organischen Formen darstellen. Dabei habe ich mich von Skulpturen, Unterwasserlebewesen wie Seeigeln bis hin zu Aliens aus der Serie “Invasion” inspirieren lassen. Besonders interessant fand ich, wie einfache und abstrakte Formen, wie zum Beispiel herausragende Zacken, durch unterschiedliche Größe und Anordnung Lebendigkeit und Dynamik vermitteln können.
Als zusätzliches Ziel setzte ich mir, die Laufrichtung der Figuren durch die Form zu vermitteln.
Für die Umsetzung entschied ich mich für die 3D-Grafiksoftware Blender und den 3D-Druck, da sich die Figuren so am besten vervielfältigen und manipulieren lassen, was sich für die Arbeit mit den organischen Formen besonders gut anbietet.
Als mir klar wurde, dass ich mit organischen Formen arbeiten wollte, ging ich nach einigen groben Skizzen direkt zum Bau der Modelle mit Knetmasse über, da ich so besser mit den Formen experimentieren konnte. Ich arbeitete noch nicht mit dem Ziel, für jede Figur direkt eine bestimmte Form zu etablieren, sondern schaute zunächst, wie verschiedene Formen wirken würden. So entstanden fast zwanzig verschiedene Exemplare. In der ersten Feedbackrunde war es dann umso spannender zu sehen, dass man einige Figuren bereits zu eigenen Familien zusammenfassen konnte. Aus dieser ersten Phase entstand dann die Idee, mehr mit der Form der Dame zu spielen, deren Form für mich bereits feststand. Die Form lässt sich am besten als organischer (unregelmäßiger) Stern-Dodekaeder beschreiben. Eine kugelförmige Grundform mit 12 Spitzen, die aus dem Körper herausragen. Ich experimentierte weiter mit diesen herausragenden Spitzen und versuchte herauszufinden, wie ich sie in die anderen Figuren integrieren konnte, um die einzelnen Rollen zu verdeutlichen.
Ich fertigte neue Skizzen an, wobei ich mich schon mehr auf die Familienbildung konzentrierte und schaute, welche Eigenschaften von den einzelnen Figuren übernommen werden könnten. Hier arbeitete ich vor allem mit der Idee der abstrahierten „Arme“, die aus den Grundkörpern herausragen und einerseits für Dynamik und eine gewisse Lebendigkeit sorgen, aber auch die Laufrichtung erkennbar machen.
Außerdem habe ich mehr mit den Proportionen gespielt. Mir war bereits bewusst, dass ich die Dame als mächtigste Figur am massivsten und damit auch am bedrohlichsten darstellen wollte und habe die Form dementsprechend angepasst. Der König hingegen ist trotz seiner Gewichtigkeit verletzlich, was durch die zurückhaltenden, hervorstehenden Formen deutlich werden soll.
Die Bauern wollte ich recht einfach halten, da sie keine sehr starken Figuren sind, daher sind sie durch ihre geringe Größe erkennbar.
Für die Offiziere (Turm, Springer und Läufer) habe ich genauer untersucht, was die Figuren auszeichnet. Der Turm ist standhaft, weshalb er massiv und unbeweglich wirken sollte. Der Springer hingegen sollte dynamisch wirken, als würde er gleich losspringen, um die Figur des Gegners anzugreifen. Ähnlich beim Läufer: Hier wollte ich mittels der „Beine“ die Agilität der Figur verdeutlichen.
Als ich mit den Skizzen zufrieden war, ging es in die zweite Modellphase. Hier begann ich bereits mit dem Sculpting-Mode in Blender. Da ich zum ersten Mal in diesem Modus arbeitete, dauerte es eine Weile, bis ich die richtigen Werkzeuge/Pinsel gefunden hatte, um die gewünschten Formen zu erzeugen. Danach war es jedoch überraschend einfach und intuitiv, die gewünschten Formen zu erzeugen. In diesem Modus kann man die Formen wie Knetmasse verformen, im Gegensatz zum normalen Edit-Modus, in dem man hauptsächlich mit Ecken und Flächen arbeitet. Dadurch eignet sich dieser Modus besonders gut für organische Arbeiten.
Nach der zweiten Feedbackrunde habe ich einige Verbesserungen vorgenommen. Diese dienten vor allem dem harmonischen Gesamtbild, aber auch der besseren Identifizierbarkeit. So habe ich vor allem die Form des Turms angepasst, da sie noch nicht klar genug war. Außerdem habe ich die Offiziere und die Dame auf die gleiche Größe gebracht. Beim Läufer kürzte ich die unteren Spitzen und machte ihn voluminöser.
Danach ließ ich einen ersten Probedruck anfertigen. So konnte ich die Ergonomie und das physische Gesamtbild genauer betrachten und testen. Diese Phase hat mir sehr geholfen, da mir einige Details aufgefallen sind, die ich auf dem Bildschirm nicht gesehen hätte.
So war die Form des Bauern noch sehr unhandlich, weshalb ich die Neigung angepasst habe. Auch der Springer war sehr massiv, so dass ich den oberen Teil verjüngt und so verformt habe, dass die Figur beim Druck weniger Stützen benötigt. Mit den restlichen Figuren ging ich ähnlich vor und verbesserte einzelne Kleinigkeiten, bis alle Figuren aufeinander abgestimmt waren und ein einheitliches, stimmiges Gesamtbild ergaben.
Nach einer letzten Feedbackrunde und letzten Anpassungen einzelner Details, wie zum Beispiel der Größe, schickte ich die Figuren in den finalen Druck.
Der 3D-Druck verlief bis auf kleine Anpassungen, die vorgenommen werden mussten, soweit ganz gut. Da ich vorher einen Probedruck machen ließ, konnte ich auch Kleinigkeiten für den Druck optimieren. So konnte ich, wie bereits erläutert, die notwendige Stützkonstruktion des Springers minimieren.
Die optische Erscheinung des gedruckten Fillaments hat mich sehr überrascht. Besonders das schwarze Material, das im Licht die Formen lebendiger erscheinen lässt, hat mir sehr gut gefallen, da es zu meinem Konzept passte.
Das Entfernen der Stützen erwies sich als etwas mühsam, aber es hat trotzdem gut funktioniert. Die scharfen Kanten habe ich anschließend mit Sandpapier abgeschliffen.
Für die Familienbildung habe ich Merkmale gewählt, die von den Figuren unterschiedlich aufgegriffen werden und deren Gemeinsamkeiten im Gesamtbild erkennbar sind, als würden sie untereinander „vererbt“ werden. So zeichnen sich alle Figuren durch eine organische Form mit abstehenden Zacken aus, die unterschiedlich angeordnet sind. Einige teilen zudem die gleiche Größe oder Grundform, wie zum Beispiel die Kugel bei der Dame und dem König. Ebenso teilen die Figuren die Eigenschaft der erkennbaren Laufrichtung.
Bauer – erkennbar durch seine kleine Größe und simple Form, die geringe Wichtigkeit suggeriert
Turm – Standhaftigkeit durch aufrechte Statur und Standfläche
Springer – dynamische Linienführung, suggeriert die Handlung des Springens
Läufer – erkennbare Dynamik anhand der unteren Zacken, die an Beine erinnern und auf Agilität hindeuten
Dame – sternförmig, bedrohlich und mächtig, weist das größte Volumen auf
König – als wichtige Figur ebenfalls sternförmig, gedrungenere Zacken, ähnlich wie Bauer; symbolisiert die leichtere Angreifbarkeit
Nach viel Feedback und Iterationen ist dies nun mein finales Schachspiel „Abyss“, das an mystische, noch unerforschte Lebensformen, erinnert.
Wie auch durch den Nussknacker, konnte ich hinsichtlich Blender viel Neues lernen. Ich kann jetzt im Sculpt-Mode arbeiten und konnte mich mit den Werkzeugen dazu vertraut machen. Das Modellieren hat sehr viel Spaß gemacht, auch wenn sich das Iterieren einzelner kleiner Details später als anspruchsvoll herausstellte.
Das Erkennen der Laufrichtung anhand der Formen hat besser funktioniert, als ich gedacht hatte, auch wenn diese Eigenschaft erst bei näherem Hinsehen erkennbar wird. Auch die Familienbildung hat meiner Meinung nach gut funktioniert, ebenso wie die Unterscheidbarkeit der Figuren untereinander.
Ich fand es besonders spannend, bei diesem Projekt eine ganze Produktfamilie entwickeln zu müssen, da es eine neue Herausforderung ist, alle Figuren aufeinander abzustimmen und ein harmonisches Gesamtbild zu entwickeln.
Dank des vielen Feedbacks und der sehr guten Betreuung bin ich schlussendlich mit dem Ergebnis sehr zufrieden, auch wenn ich in einigen Details noch Verbesserungspotential sehe.