In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Eine Projektdokumentation zum Studiomodul „250 Jahre Philanthropinum in Dessau“ der Arbeitsgruppe „Interaktion“: Luisa Pötzsch, Markus Franke und Felix Brauns. Gezeigt werden individuelle Arbeitsleistung aus der Konzeptionsphase vor der Gründung des Teams, sowie Leistungen und finale Entwürfe zur Abschlussphase.
Individuelle Leistungen vor der Gründung des „Teams Interaktion“
Entwicklung von zwei verschiedenen Konzepten
Mission Statement:
Das Material Pappe steht im Zentrum des temporären Ausstellungsgedanken. Durch einfache Bauweisen wird die Umsetzbarkeit gewährleistet. Die Materialität erinnert akustisch und haptisch an das Umschlagen von Buchseiten. So wird eine Verbindung geschaffen, Erinnerungen wachgerufen und die Zeit spürbar gemacht.
Ich entwickelte kompakte, prismenähnliche Hocker, welche einzeln oder in Gruppen genutzt werden sollten. Durch Gruppierungen entstehen neue geometrische Formen. Die Hocker sollten aus Wabenkarton gefertigt werden und demnach leicht und transportabel sein.
Mission Statement:
Dunkelheit (unbekannt, nicht greifbar, vergangen) mit Helligkeit füllen (verstehen, begreifen, erfahren).
Aufklärung erhellt den Geist, Schule beleuchtet die fremde Welt, Ausstellung zeigt Geschichte in neuem Licht.
Mission Statement:
Die Verwendung eines modularen Systems, das eine einfache und flexible Installation ermöglicht. Die einfache Verwendbarkeit und Wiederver-wendbarkeit der Module fördern Nachhaltigkeit.
Licht spielt eine zentrale Rolle, indem es Informationen hervorhebt und eine eindrucksvolle Lernerfahrung schafft. Analoge Interaktionen ermög-lichen es den Besuchern, Wissen haptisch zu erforschen und zu vertiefen.
Zunächst wurden Kriterien gesammelt, welche unserer Ansicht nach für Ausstellungen im Allgemeinen wie auch konkret im Falle der Philan-Ausstellungen wichtig sind. Für mich waren Immersion und Interaktion die essenziellen Anhaltspunkte.
BesucherInnen sollten zurück in die Rolle der Schüler zurückversetzt werden und das Leben am Philanthropin nachempfinden können.
Denn wir alle tragen Erfahrungen und Erinnerungen, positiv wie negativ, aus vergangenen Schultagen mit uns.
Inwiefern unterscheiden sie sich von den Begebenheiten am alten Philanthropin - einer Schule, die 250 Jahre zuvor existiert hat?
Zudem wurden weitere Ausstellungen besucht, um Inspirationen für Darstellungstechniken zu sammeln. Hier am Beispiel der Sonderausstellung des Naturkundemuseums Dessau zum Thema „Zoonosen“.
Nach dem Brainstorming erfolgte eine Recherche zum Philanthropin, da ein Mindestmaß an Kenntnis für ein sinnvolles Design unabdinglich ist. Themenschwerpunkte waren u. a. Lehrinhalte, Philosophie, beteiligte Personen sowie der Werdegang der Schule.
Aus überlieferten Briefen und Dokumenten ging schnell hervor, dass die Geschichte des Philanthropins, trotz seiner kurzen Lebenszeit, mitunter turbulent verlief. Zwischen den involvierten Parteien (Direktor, Schirmherr, Lehrer, adlige Schüler und deren Eltern) herrschte ein Interessenkonflikt auf pädagogischer, philosophischer, wirtschaftlicher, sozialer und politischer Ebene.
Dieser inhaltliche Zwiespalt sollte Ausgangspunkt für meine nachfolgenden Gestaltungsansätze werde.
In den 19 Jahren seines Bestehens war das Philanthropinum stets von Spannungen unterschiedlichster Art begleitet, denn nicht alle Beteiligten hegten dieselbe Vision für die Schule. Konflikte blieben dabei nicht aus. Diese sollen beim Durchlaufen der Ausstellung spürbar gemacht werden.
Der Grundgedanke für diesen Ansatz war, die 4 Räume, wie sie von den KuratorInnen konzipiert worden waren, mit Protagonisten oder einer Metapher zu überdachen, welche den jeweiligen inhaltlichen Kontrast widerspiegeln und die Kernaussagen der Räume reduzieren und verständlich aufbereiten.
Dieser Ansatz sollte später den Stützpfeiler für das Narrativ und Storytelling des gesamten Ausstellungsdesigns darstellen.
Visuell sollten besagte Kontraste bzw. Gegenüberstellungen mittels Konturen und Umrissen passender Personen/Symbole dargestellt werden. Inspiriert vom Scherenschnitt und der Silhouettenkunst, zweier Kunstformen, die sich während des 18. Jhd., der Zeit des Philanthropins, großer Beliebtheit erfreuten.
Eine Schule ohne Schüler ist wie eine Kirche ohne Gemeinde - nur eine flüchtige Idee. Doch was hatten die Schüler über den Unterricht, die Lehrer und die Schule selbst zu erzählen? Schenken wir ihnen doch einfach Gehör.
Die Idee hinter diesem Ansatz war es, die sachliche Erzählschiene aufzubrechen, um Emotionalität und Leichtigkeit einziehen zu lassen, im Sinne der Immersion. Das Gestaltungskonzept bestand darin, subjektive alternative Objekttexte aus Sicht der Schüler des Philanthropins zu verfassen. Somit hätte das trockene Thema nicht nur mit Humor bereichert werden, sondern auch BesucherInnen in ihre eigene Schulzeit zurückversetzen können. Zudem wäre dies eine moderne Alternative für „Texte in einfacher Sprache“ gewesen.
Trotz positiver Resonanz seitens der KuratorInnen, wurde der Ansatz in der Ideenwolke verortet und quasi verworfen.
Der aufgeklärte Mensch begreift die Welt durch Exploration, Beobachtung und Praxis. Bist du ein Mensch? In einer Kurzkontrolle können BesucherInnen beweisen, ob sie im Unterricht aufgepasst oder geschlafen haben, und sich ein Abzeichen verdienen.
Kurz vor dem Verlassen der Ausstellung, sollen BesucherInnen auf die Probe gestellt werden und beweisen, was sie von der Ausstellung mitgenommen haben - in diesem Fall durch einen Fragebogen bzw. einer schultypischen Kurzkontrolle. Gute Leistungen sollten natürlich belohnt werden. Werbegeschenke, Bienchenstempel oder Meritensternchen wären denkbar gewesen. Die Form stand zu diesem Zeitpunkt noch aus.
Der Ansatz wurde von der Gruppe zunächst in die Ideenwolke verschoben und ist zu einem späteren Zeitpunkt vom Team Grafik für das Begleitheft wieder aufgegriffen worden.
Im Anschluss an Pitch I wurden anhand der ersten Ideen temporäre Teams mit inhaltlichen Überschneidungen zusammengestellt mit dem Ziel, die unterschiedlichen Ansätze zu verfeinern und zusammenzuführen.
Zunächst wurden Im Team Gedanken zusammengetragen, über welche Ausdrucksformen Kontraste erzeugt werden können und welche Eindrücke dadurch entstehen.
Ferner habe ich weitere inhaltliche Recherche zum Philanthropin betrieben, um markante Personen und Exponate innerhalb der 4 Räume herauszukristallisieren, um eine Vorauswahl an Highlight-Exponaten zu treffen, welche mit den zuvor von uns erdachten, metaphorischen Kontrasten harmonieren.
Weitere Einsatzmöglichkeiten der Scherenschnitte und „Stimmen der Schüler“ wurden exploriert. Ideen, die ab dieser Phase jedoch auf Eis gelegt worden sind.
Zu dieser Phase war es, dass der Titel gefunden wurde, welcher die Ausstellung zieren würde.
Der Titel musste die Ambivalenz der Schule, aber auch die der Ausstellung aufgreifen.
Das Philanthropin war ein Unterfangen, die Strukturen alter Schule zu durchbrechen und neue pädagogische Wege zu beschreiten.
Die visuelle Gestaltung der Ausstellung, die die anderen Mitglieder des Teams konzipiert hatten, spielte mit dem Kontrast zwischen „antiken Ölgemälden“ und moderner Grafik.
Beide Aspekte mussten sowohl im Titel als auch in der Wortwahl selbst aufgefangen werden.
Nur wie? Das ist hier die Frage.
Und nach einiger Grübelei kam die zündende Idee: Eine Frage, die eindeutige Konzepte, wie „alt und neu“, sprachlich auf den Kopf stellt.
Unser Konzept fand großen Zuspruch. Weitere Ansätze, die von Chris, Franz und Tom - den anderen Mitgliedern des Teams Kontraste, hervorgebracht wurden und den restlichen Verlauf des gesamten Projektes prägten, umfassten: Raumaufteilung, grobe Anordnung der Exponate, vorläufiges Farbschema und Typografie.
Leistungen nach der Gründung des „Teams Interaktion“
In Zusammenarbeit mit Markus und Felix wurden Klänge aufgenommen, aus welchen ich schließlich eine Tonspur zusammenfügte, die Besuchende in drei verschiedene Welten entführt. Die kurios anmutenden Klänge sind interpretationsoffen und erfrischen den Geist. Sie regen die Fantasie und Neugierde an, welche Grundlagen des eigenständigen Lernens und Fortbildens, sowie des Fortschritts sind.
Aufgrund des Budgets wurde der Entwurf auf den Kern heruntergebrochen und so weit vereinfacht, wie es möglich war. Aus einem 3D-gedruckten Kugelhelm mit Plexiglashalbkugeln und verstellbaren Deckenschienen wurde ein simpler Kunststoffschirm mit einem kleinen 3D-gedruckten Aufhängungselement. Der Schirm sollte durch einen Flaschenzug höhenverstellbar sein.
Der Name Emnar hat zunächst keine Bedeutung. Er liegt ungewohnt auf der Zunge. Je öfter er wiederholt wird, desto weniger furchteinflößend und fremdartig wird er. Aus dem Fremden wird das Bekannte. Genau so verhielt es sich zu Zeiten des Philanthropinums mit der Idee der neuen Art zu Unterrichten. Heute ist anschaulicher Unterricht selbstverständlich geworden.
Die Vereinfachung schritt weiter fort. Der Flaschenzug wurde durch ein Metallrohr ersetzt. Es kann tatsächlich eine Höhe gefunden werden, welche für viele Menschen passend ist. Der separate Lautsprecher wurde zu einem in das 3D-gedruckte Element eingebauten Lautsprecher mit Stromanschluss.
Das fertiggestellte Objekt wurde zur Abschlusspräsentation im Gebäude 04 an der Wand angebracht und konnte getestet werden.
Emnar hat die Neugierde der Besuchenden wecken können und zur Interaktion eingeladen.
Im Prozess habe ich das Reduzieren auf das Wesentliche gelernt.
Das Bauen der Vorhänge stellte eine Schwierigkeit dar, da der Raum nicht genügend abdunkelt ist, um eine gute Projektion zu erzielen. Die Vorhangsegmente müssen entweder sehr breit oder extrem dünn sein. Sehr breite Segmente laden allerdings nicht zum Durchlaufen ein, während sehr dünne Segmente die Schrift schwer lesbar machen.
BesucherInnen bekommen die Möglichkeit, sich in der Kurrentschrift zu probieren. Hierfür stehen 2 unterschiedliche Übungsblätter zur Verfügung, welche dem Oldschool-Avantgarde-Schema folgen. Absolviert wird die Übung an einer alten Schulbank, zur Verfügung gestellt vom Stadtmuseum & Stadtarchiv.
Für die Erstellung der Schreibübungen wurde die Deutsche Kurrent von Hans J. Zinken verwendet.
Oldschool - Neutrale, zur Ausstellung passende Begriffe.
Avantgarde - Moderne Jugendwörter, welche quasi eine gänzlich neue Sprache darstellen. Sie bilden einen Kontrast sowohl zum Oldschool-Arbeitsblatt, als auch zur Ausstellung selbst, da die BesucherInnen ein solches Vokabular wohl kaum in einer respektablen Ausstellung über Schulbildung erwarten würden.
Das Schwarze Brett bildet den inhaltlichen Abschluss der Ausstellung. Hier haben BesucherInnen die Möglichkeit, Feedback zur Ausstellung zu geben, oder auch anderweitig ihre Gedanken zu teilen. Es werden dafür Stellwände mit mit Tafellack beschichtet, sodass diese mit Tafelkreide beschrieben bzw. mit Magneten bestückt werden können, ähnlich einer Schultafel.
Eine handvoll „Kategorien“ soll die BesucherInnen anregen, sich auf dem Schwarzen Brett zu verewigen. Eine bunte Mischung aus neutralen, humorvollen und emotionalen Denkanstößen bietet für die meisten Menschen einen passenden Einstieg.
Um die „Angst vor dem leeren Blatt“ abzubauen, sind am Schwarzen Brett zudem „historische“ Beiträge zu finden. Diese basieren auf kuriosen Ereignissen und Fakten rund um das tägliche Leben am Philanthropin. Die „Hintergrundinformationen“ zum Philan wurden freundlicherweise vom Kurator Dr. Michael Rocher zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise soll das vergangene Philanthropin noch einmal spürbar gemacht werden, da wir alle vergleichbare Gedanken und Momente aus unserer eigenen Schulzeit erlebt haben.
In ihrem Wesen sind die vier simulierten Zitate bzw. Wortmeldungen eine kleine Hommage an den verworfenen Ansatz „Stimmen der Schüler“.
Für die Druckversion der „Zitate“ wurde die Mainzer Fraktur von Peter Wiegel genutzt.
Mit Titel und Logo versehene DIN A5 Notizblätter, welche für das Schwarze Brett genutzt werden können.