In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Für den Kurs „Wir machen blau“ habe ich mich in meinem Projekt mit kleidungsbezogenen Geschlechterrollen auseinandergesetzt und hinterfragt, warum sie in unserer Gesellschaft immer noch eine so große Bedeutung haben. Bestimmte Kleidungsstücke werden nach wie vor automatisch einem Geschlecht zugeordnet, obwohl diese Einteilung rein gesellschaftlich konstruiert und nicht natürlich gegeben ist. Ein Kleidungsstück definiert keinen Menschen, es ist lediglich Stoff, Form und Farbe.
Trotz gesellschaftlichem Fortschritt und zunehmender Offenheit gegenüber Diversität existieren diese starren Zuschreibungen weiterhin. Menschen, die sich außerhalb dieser Normen kleiden, werden oft skeptisch betrachtet oder sogar belächelt. Mit meinem Projekt wollte ich die Absurdität dieser Kleidungsnormen verdeutlichen und zeigen, dass Mode frei von Geschlechtergrenzen sein sollte. Kleidung ist Ausdruck von Persönlichkeit und Individualität – sie sollte nicht von gesellschaftlichen Erwartungen eingeschränkt werden.
Die Inspiration für mein Projekt entstand aus der Aufgabenstellung unseres Kurses, in dem sich unser Projekt um das Wort „blau“ drehen sollte. Dabei dachte ich an die klassische Farbzuweisung: Blau wird oft mit Männlichkeit assoziiert, Pink mit Weiblichkeit. Diese starre Einteilung fand ich absurd – warum werden Farben überhaupt einem Geschlecht zugeordnet?
Daraus entwickelte sich die Frage, wieso es gesellschaftliche Erwartungen daran gibt, was jemand aufgrund des Geschlechts tragen sollte. Kleidung sollte eine individuelle Entscheidung sein und nicht durch überholte Normen bestimmt werden. So entstand die Idee, mich in meinem Projekt mit Geschlechterrollen in der Mode auseinanderzusetzen und deren Absurdität sichtbar zu machen.
Ursprünglich hatte ich für den Kurs ein anderes Thema gewählt, doch ich merkte schnell, dass ich damit nicht richtig klarkam. Schon während der Arbeit daran spielte ich immer wieder mit dem Gedanken, das Thema zu wechseln, war mir aber unsicher, in welche Richtung ich gehen sollte. Schließlich entschied ich mich, einen kompletten Neuanfang zu wagen. Da ich nicht mehr viel Zeit hatte, musste ich schnell eine neue Idee finden.
Ich überlegte, in welche Richtung mein neues Projekt gehen könnte, und kam schließlich auf die Idee, mich mit einem geschlechterbezogenen Thema auseinanderzusetzen. Während einer Zugfahrt hörte ich Musik, recherchierte und brainstormte – anfangs fühlte ich mich überfordert, aber nach und nach formten sich Gedanken. Dabei wurde mir klar, dass Provokation durch Übertreibung für Aufmerksamkeit sorgt. Diese bewusste Zuspitzung wollte ich nutzen, um die Absurdität geschlechtsspezifischer Kleidungsnormen zu verdeutlichen.
Nachdem ich meine Idee mit beiden Dozenten besprochen hatte und positive Rückmeldungen bekam, entschied ich mich für ein Fotoshooting als Umsetzungsform. Mir war schnell klar, dass meine Eltern die perfekten Modelle dafür wären – gerade in ihrer Altersgruppe ist das Thema oft noch präsenter und fester verankert. Ihre Darstellung würde einen zusätzlichen Kontrast schaffen und die hinterfragten Rollenbilder noch stärker betonen.
Zu Beginn informierte ich mich intensiv über mein Thema und suchte Inspirationen. Ich erstellte ein Moodboard und fertigte grobe Skizzen an, um meine ersten Ideen zu visualisieren. Anfangs plante ich, bestimmte Gegenstände mit in den Kontext zu bringen, doch durch Feedback entschied ich mich, den Fokus ausschließlich auf die Kleidung der Models zu legen.
Daraufhin stellte sich die Frage, welche Kleidungsstücke besonders stark mit gesellschaftlichen Geschlechterrollen verbunden sind. Schließlich kam ich auf die Idee, meinem Vater ein Tutu und meiner Mutter einen Anzug anzuziehen – beides symbolische Bilder für typische Geschlechternormen. Zunächst erschien mir dieser Kontrast übertrieben, doch genau darum ging es: durch diese Überzeichnung sollte die Absurdität der Zuschreibungen verdeutlicht werden. Die Outfits wurden bestellt, und ich vereinbarte mit meinen Eltern einen passenden Termin für das Shooting.
Nun stellte sich die nächste Frage: Wo sollte das Shooting stattfinden? Ich entschied mich für ein Waldstück, da die Natur perfekt in den thematischen Kontext passte. Schließlich hat die Natur keine Geschlechterrollen erschaffen – diese stammen allein von uns Menschen. Das Setting unterstrich damit die eigentliche Aussage meines Projekts.
Am Tag des Shootings herrschten Minusgrade und ein grauer Himmel – eine Atmosphäre, die gut zur eher ernsten Thematik passte. Meinen Eltern war extrem kalt, doch sie hielten tapfer durch. Besonders mein Vater hatte Bedenken, in der Kleinstadt im Tutu gesehen zu werden. Ich musste ihn immer wieder mit einer Jacke abschirmen, damit er nicht erkannt wurde. Diese Situation bewies auf tragische Weise, wie tief gesellschaftliche Normen verankert sind – es sollte nicht peinlich sein, ein Tutu zu tragen, doch es war es. Natürlich ist ein Tutu kein gewöhnliches Kleidungsstück für den Winter, aber genau dieser Umstand verstärkte die Aussage des Projekts zusätzlich.
Nachdem die Fotos gemacht waren, begann ich mit der Bearbeitung. Ich entschied mich für eine bläuliche Farbgebung, um die melancholische und kritische Stimmung zu unterstreichen. Neben dem Bildmaterial führte ich ein Interview mit meinen Eltern, um ihre Perspektive auf das Thema einzufangen und zu zeigen, dass diese Diskussion auch für ältere Generationen relevant ist. Einige ihrer Zitate integrierte ich in meine Ausstellung, um die Botschaft noch stärker hervorzuheben.
Am Ende bestand meine Ausstellung aus 10 Fotos, 6 Zitaten und 2 Postern – ein Gesamtbild, das die Problematik geschlechtsbezogener Kleidungsnormen auf direkte und eindringliche Weise thematisierte.
(pdf mit 10 Fotos, 6 Zitate, 2 Poster)
Zu Beginn des Kurses hatte ich Schwierigkeiten mit der offenen Aufgabenstellung. In vorherigen Kursen gab es immer klare Vorgaben, an denen man sich orientieren konnte – hier hingegen lag die Verantwortung ganz bei uns. Diese Freiheit überforderte mich zunächst, und ich hatte Schwierigkeiten, eine Idee zu finden, mit der ich wirklich zufrieden war. Ich wechselte mein Thema, war unsicher und fühlte mich unter Zeitdruck. Doch genau dieser Prozess war es, der mich wachsen ließ.
Mit der Zeit lernte ich, dass Unsicherheit ein natürlicher Teil kreativer Arbeit ist. Ich entwickelte meine Ideen weiter, probierte aus und erhielt wertvolles Feedback. Schritt für Schritt formte sich mein Projekt, und ich merkte, wie viel ich aus diesem selbstständigen Arbeiten mitnehmen konnte. Auch wenn es Momente gab, in denen ich an meiner Umsetzung zweifelte, war es genau diese Herausforderung, die mich am Ende weitergebracht hat.
Der gesamte Prozess hat mir gezeigt, dass ich in der Lage bin, eigenständig ein Konzept zu entwickeln und umzusetzen. Obwohl ich anfangs unsicher war, bin ich nun froh, dass der Kurs genau diese Freiheit gelassen hat – sie hat mich motiviert, über meine gewohnten Grenzen hinauszudenken. Besonders das Feedback von Cecilie und Chris war dabei unglaublich wertvoll und wird mir auch in zukünftigen Projekten helfen.
Ich bin stolz auf das, was ich geschafft habe – ein Gefühl, das ich bei bisherigen Arbeiten selten hatte. Danke, dass ihr diesen Kurs zu dem gemacht habt, was er ist. Es war eine tolle Zeit, die ich sehr vermissen werde.
Durch dieses Projekt habe ich vor allem eines gelernt: Ich unterschätze mein eigenes Können viel zu sehr. Oft habe ich das Gefühl, dass meine Arbeit nicht gut genug ist und dass andere immer bessere, durchdachtere oder kreativere Umsetzungen haben. Doch gerade in diesem Kurs wurde mir bewusst, dass diese Zweifel unbegründet sind. Ich habe gelernt, meine eigene Arbeit aus einer anderen Perspektive zu betrachten und sie nicht direkt mit anderen zu vergleichen. Besonders nach der Ausstellung wurde mir das noch deutlicher – das positive Feedback, das ich bekommen habe, hat mich unglaublich stolz gemacht und mir gezeigt, dass meine Ideen und meine Umsetzung sehr wohl überzeugen können.
Ich habe definitiv erkannt, dass ich mich nicht mehr so stark unterschätzen sollte. Ich weiß nun besser, was ich kann, und habe ein klareres Bild davon, in welche Richtung ich mit meinen Arbeiten gehen möchte. Vor diesem Projekt habe ich oft an meinen Fähigkeiten gezweifelt, aber jetzt sehe ich, dass ich durchaus in der Lage bin, meine kreativen Gedanken in ein stimmiges Konzept zu verwandeln und es erfolgreich umzusetzen. Diese Sicherheit in meinem eigenen Schaffen ist für mich eine der wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Kurs.
Ein wesentlicher Teil dieser Entwicklung verdanke ich auch Chris und Cecilie. Der offene Umgang mit unseren Themen, die ehrlichen und konstruktiven Rückmeldungen und die Freiheit, unsere eigenen Konzepte zu entwickeln, haben mir unglaublich geholfen. Ich habe gelernt, mich mehr auf meinen eigenen kreativen Prozess zu verlassen, mich nicht sofort zu verunsichern und einfach mutiger an Projekte heranzugehen. Diese Erfahrung wird mich definitiv auch in Zukunft begleiten.
Besonders dankbar bin ich auch meinen Eltern, die sich ohne Zögern auf dieses Projekt eingelassen haben. Sie haben meine Idee mitgetragen, ohne zu hinterfragen, und mir dadurch ermöglicht, mein Konzept so umzusetzen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ohne sie wäre dieses Projekt nicht das geworden, was es am Ende war.
Rückblickend kann ich sagen, dass dieser Kurs mich nicht nur fachlich, sondern auch persönlich weitergebracht hat. Ich bin stolz auf das, was ich geschaffen habe, und nehme aus dieser Zeit wertvolle Erkenntnisse mit. Es war eine unglaublich bereichernde Erfahrung – danke für diese schöne Zeit!