In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Meine Arbeit befasst sich deshalb mit verborgenen Pionierinnen aus den Kreativsektoren Design, Kunst, Film und Literatur. Mit meiner Umsetzung möchte ich diesen Frauen eine hörbare Plattform in der Gesellschaft bieten.
Im September 2023 besichtigte ich die Ausstellung Disney100 in der kleinen Olympiahalle in München.
Dort wurde der Besucher durch die Geschichte der Disney Company von den ersten Anfängen bis hin zu den neuen Zweigen bestehend aus Star Wars und Marvel geführt. In einer Abzweigung der verschachtelten Ausstellungshalle wurde auch die 1933 entwickelte Kameratechnologie präsentiert, mit der es möglich wurde, Tiefe in animierte Cartoons zu bringen. Bei
diesem Gerät wurden Glasplatten in gleichmäßigem Abstand übereinandergestapelt. Jede Platte war mit einem Motiv bemalt. Wurde die oben platzierte Kamera dann an die Scheibe herangeführt, so entstand der erwünschte Tiefeneffekt. Mithilfe dieses Apparats,
der sich Multiplan-Kamera nannte, ging Disneys erster handanimierter Film Schneewittchen und die sieben Zwerge durch die Decke. In der Ausstellung war diese Kamera als Teil der Disney Company ausgeschildert. Was die meisten nicht wissen: Dieses moderne Filmgerät entstand bereits 1923 zu den Dreharbeiten des Animationsfilms Die Abenteuer des Prinzen Achmed. Die Technik, mit verschiedenen Ebenen zu arbeiten, wurde von Lotte Reiniger und ihrem Mann Carl Koch für Reinigers ersten Langfilm entwickelt. 1926 bereits feierte der Silhouetten-Film Die Abenteuer des Prinzen Achmet Premiere und gilt daher eigentlich als der erste animierte Langfilm vor Disneys Schneewittchen.
»Frauen und Technik? Nein. Wir werden immer nur auf bestimmte Bereiche reduziert. Technik gehört nicht dazu.« Französische Produktdesignerin Inga Sempé
»In den Museen hängen die Werke von Männern meist an den besseren Plätzen und bekommen mehr Aufmerksamkeit.«
»Erbe [um] […] ein[en] Besitz, etwas, das geerbt, von früheren Generationen weitergegeben wird. Im Falle des ›kulturellen Erbes‹ besteht das Erbe nicht aus Geld oder Eigentum, sondern aus Kultur, Werten und Traditionen. Kulturelles Erbe bedeutet ein gemeinsames Band, unsere Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft. Es steht für unsere Geschichte und unsere Identität, für unsere Verbundenheit mit der Vergangenheit, mit der Gegenwart und mit der Zukunft.«
Definition laut UNESCO
»Immaterielles Kulturerbe kann nur dann ein Erbe sein, wenn es von den Gemeinschaften, Gruppen oder Einzelpersonen, die es schaffen, erhalten und weitergeben, als solches anerkannt wird – ohne ihre Anerkennung kann niemand für sie entscheiden, dass eine bestimmte Ausdrucksweise oder Praxis ihr Erbe ist.«
Die Generationen werden dazu angeregt, historische Momente und Ereignisse zu überdenken und diese als Diskussionskonsens zu nutzen.
»Kulturgeschichte ist also eine Auseinandersetzung mit allen Aspekten des politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens einer jeden Generation.«
Kulturelles Erbe ist nicht nur ein Leitfaden für künftige Generationen, sondern auch »[…] eine wichtige Ressource für Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und sozialen Zusammenhalt.«
> Soldat der Pioniertruppen
> Gebrauch im Militär
>> männliche Person, die auf einem bestimmten Gebiet bahnbrechend ist; Wegbereiter
> Gebrauch in der Bildungssprache
>> männliches Mitglied einer Pionierorganisation
Herkunft aus dem russischen pioner
Gebrauch in der DDR
Das Wort beinhaltet das französische Wort pion. Das Wort bedeutet im ursprünglichsten Sinn Fußgänger oder Fußsoldat. Es entstammt dem lateinischen Wort pes für Fuß.
»Der Pionier ist«, laut Gabler Lexikon, »[…] jemand, der neue Kombinationen von Produktionsfaktoren einführt und am Markt durchsetzt.«
»allein neue Wege gehen […], entdecken neue Welten und erobern sie.«
geboren am 18. Januar 1894 in Prag-Karolinenthal in Tschechien
erstes Aufeinandertreffen mit Design im Jahr 1917 im Hyperion Verlag unter Kurt Wolff in Leipzig
1918 bis 1919 entstehen erste Fotografien in Worpswede
lernt beim Ernst Rohwolt Verlag den bis dato mittellosen Künstler Lázló Moholy-Nagy kennen
Bis 1928: PR-Arbeit für die Bauhaus Schule -> Die entstandenen Fotos tragen bis heute zur ausführlichen Dokumentation des Bauhauses bei
Ihre Fotonegative fielen jedoch in die Hände von Walter Gropius: Konnte im Exil keine Referenzen vorweisen
»Alle – außer mir selbst – haben entweder direkt oder indirekt Vorteile aus der Verwendung meiner Fotografien gezogen.«
– Arbeitete als Bauhausschülerin in der Metallwerkstatt
– Schloss als einzige Frau dort ihr Diplom ab
– Arbeitete im Büro von Le Corbusier
– Gestaltete die Inneneinrichtung zu den Sozialbauten von »Corbu«
»Mit sicherem Strich und gekonnter Farbsetzung fängt Münter darin meisterhaft die Stimmung des ›Blauen Landes‹ um den Staffelsee ein. Bei Ketterer konnten wir mithilfe eines weltweiten Netzwerks von Experten und Sammlern dazu beitragen, dass Münter endlich aus dem Schatten von Wassily Kandinsky treten konnte. Sie muss als mutige Pionierin und bedeutendste Vertreterin des Expressionismus verstanden werden.«
1894 erhielt sie eine Stelle in einem Fotografie-Studio, wo sie in Kontakt mit Kameras kam
Nach dem Besuch der bahnbrechenden Kinovorstellung der Lumiére-Brüder, begann sie die Arbeit mit den Bewegtbildkameras ihres Vorgesetzten Leon Gaumont
»Mädchen sind nur eine unnütze Belastung für die Akademie, sie nehmen den Männern die Plätze weg.«
»Frauen [wirken] im Atelier ›verweichlichend, verflachend und hemmend‹«
»Gerhard Marcks, Formmeister der Töpferei, sprach sich klar dafür aus, ›möglichst keine Frauen in die Töpferei aufzunehmen, beides ihret- und der Werkstatt wegen.‹ Und Carl Zaubitzer, Leiter der grafischen Druckerei, hielt es desgleichen auf jeden Fall ›für die Zukunft […] besser, das weibliche Geschlecht von der Druckerei fernzuhalten.‹«
Ich habe das Medium der Ausstellung gewählt, um die Biografien der Pionierinnen in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Da möglichst viele Generationen, aber primär auch die junge Altersgruppe angesprochen werden soll, entschied ich mich für die Präsentation im Raum. Die Interessensgruppe ist im kreativen Sektor anzusiedeln. Da die Informationen auf Englisch inszeniert werden, kann die Ausstellung bei einem möglichen Erfolg zu einer Wanderausstellung umfunktioniert und in verschiedenen europäischen Städten veranstaltet werden.
Auf der ersten Infotafel der Ausstellung wird ein QR-Code ausgeschildert, der zur Website des Audio Guides führt. Das Interface wird auf den folgenden Seiten beschrieben. Zuerst landet man auf dem Homescreen, der zwischen den Portraits und den verschiedenen Bereichsfarben wechselt. Startet man den Guide, erhält man eine Übersicht mit den ausgestellten Frauen. Befindet man sich an der entsprechenden Stelle der Ausstellung, kann die Person ausgewählt und die Informationen abgespielt werden. Auch zu den einzelnen, ausgestellten Elementen können Audios abgespielt werden.
Die Farben sind kontrastreich und knallig. Somit erhält jeder Kreativbereich zwei Farben, die für die Typografie und kleinere, grafische Elemente eingesetzt werden. Da die meisten Bilder in schwarz-weiß gehalten sind, entsteht ein hoher Kontrast zur leuchtenden Schrift. Der Betrachter soll von der leuchtenden Farbe angezogen und für einige Momente festgehalten werden.
Die Headlines, sowie die Namen der Frauen werden mit einer Schriftmschung aus der markanten Pixel-Font gesetzt (Tickerbit) und der zurückhaltenden serifenlosen Founders Grotesk gesetzt. Die Pixel-Font soll die Unvollständigkeit der Biografien und die Schwierigkeiten untermalen, die diese Frauen auf ihrem Karriereweg hatten. Durch den scheinbar unfertigen Charakter der Font, symbolisiert die Tickerbit auch die Experimentierfreudigkeit der Pionierinnen.
Im Gegensatz dazu soll der Fließtext, sowie die zusätzlichen Informationen ruhig und unauffällig wirken. Aus diesem Grund entschied ich mich für eine Schriftmischung mit der Founders Grotesk, einer serifenlosen Schrift, die eine Hommage an die Schweizer Typografie wieder gibt. Die Founders Grotesk drängt sich nicht auf und rückt die anderen Gestaltungselemente, die Portraits, sowie die Werke der Frauen in den Vordergrund.
Die Wortmarken der Frauen bilden sich aus den Vornamen, sowie der Phrase who? am Ende. Die Breite richtet sich grob nach dem gleichschenkligen Dreieck und kann dabei in der Höhe auch variieren, wenn der Name beispielsweise länger oder kürzer ist. Anzustreben sind jedoch drei Zeilen.
Auf extremen Formaten wie Fahnen oder Bannern ist die Wortmarke an der Sanduhrform orientiert. Getrennt werden die Wörter nach ästhetischen und Platzgründen. Hinzu kommen die Farben für die jeweiligen Bereiche. Beim Ausstellungstitel wurde versucht möglichst in schwarz-weiß zu arbeiten, um hier Neutralität rein zu bringen. Jedoch kommt an einzelnen Stellen der Persian Rose Ton zum Einsatz.
Während meiner Recherche sind mir so einige Anekdoten und Sprüche entgegen geflogen. Bei Sätzen wie
»Sehen Sie, Fräulein, es giebt [sic!] zwei Arten von Malerinnen, die einen möchten heiraten und die anderen haben auch kein Talent.«
schmunzelt man anfangs vielleicht und denkt sich ›Das waren noch Zeiten‹, aber man sieht in diesem Moment gar nicht das Mädchen oder die Frau, die sich diesen Satz anhören durfte, und zwar wieder und wieder. Als Angehörige des weiblichen Geschlechts musste man unaufhörlich sein Talent unter Beweis stellen und sich rechtfertigen. Dorothea Therbusch musste an der Pariser Akademie zwei Werke einreichen, da ein Täuschungsverdacht vorlag:
»Das ist zu gut, das kann nicht von einer Frau sein.«
Zofia Stryjeńska schrieb sich unter dem Namen ihres Bruder ein und trat ein Jahr als Junge in der Akademie auf. Trotz ihres herausragenden Talents flog sie nach Fall der Maskerade aus der Klasse.165 An Gestaltungsschulen ging es ähnlich zu. Die Designerin Marianne Brandt wurde zu Aushilfsarbeiten eingeteilt, um sie aus der Metallwerkstatt am Bauhaus rauszuekeln. Alice Guy-Blachés Name wurde aus den Büchern gestrichen, da der erst Filmregisseur keine Frau sein sollte. Es gibt so viel mehr Geschichten, die ich hier leider nicht mit aufnehmen konnte. Viele aus meinem näheren Umfeld kannten die meisten Frauen nicht, über die ich schrieb. Somit baute ich das Konzept einer Wanderausstellung auf, um die Verborgenen Pionierinnen einen großen Publikum präsentieren zu können. Es hat sich im Vergleich zum frühen 20. Jh. bereits viel verändert und entwickelt, dennoch sind Frauen im Kreativbereich weiterhin in der Minderheit, wie die Initiative im literarischen Bereich #frauenzählen berichtet. Auch auf Auktionen werden Werke von Künstlerinnen preislich niedriger gehandelt und in Ausstellungen erhalten die Werke von Künstlerinnen meist die schlechteren Plätze. Im Vergleich zu den Erfahrungen der behandelten Pionierinnen, erhalten Designerinnen, Künstlerinnen und Filmemacherinnen, sowie Autorinnen deutlich mehr Gehör, trotzdem ist es immer noch ein werdender Prozess, der fortgeführt werden muss.
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