In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
„Die Bildsprache ist der Klang der Stille im Film. Jede Einstellung sollte eine eigene Geschichte erzählen, selbst wenn sie nur für einen Moment auf dem Bildschirm erscheint.“ - Agnès Varda, französische Filmemacherin, Fotografin und Installationskünstlerin.
Licht, Kameraführung, Bildkomposition, visuelle Effekte - welches Potenzial haben diese Gestaltungsmittel in Hinblick auf die Entfaltung einer dichterischen Kraft im Film? Diese Fragestellung untersuchten wir im Großprojekt der moving image class unter der Leitung von Professor Rochus Hartmann mit dem Thema „Visuelle Poesie“. Wie schafft man es, Emotionen mit Bildern, aber ohne Worte, zu transportieren?
Nach Ideenfindung und der Erörterung der Stimmung, die wir in unserem Film aufgreifen wollten, erstellten wir ein Filmexposé, das dazu dient, einen Gesamtüberblick über die Story des Films zu erhalten. Unser Expose enthält den Filmtitel, Themennennung, Umsetzungskriterien, eine Handlungsübersicht sowie Figurenbeschreibung. Die ausgegraute Textpassage in der Handlungsübersicht markiert den Teil des Films, den wir aus zeitlichen Gründen letztlich ausklammern mussten. Bis auf diesen Umstand und einige wenige Änderungen und Auslassungen haben wir uns später bei der genaueren Planung und Umsetzung daran halten können.
Mithilfe eines Storyboards konnten wir uns bereits grob im Klaren darüber werden, wie sich die Handlung unserer Story entfalten sollte. Gerade dann, wenn man zu zweit oder in einer größeren Gruppe an einem Projekt arbeitet, ergibt es Sinn, um eventuell bestehende Differenzen in den Vorstellungen abzuklären und anzugleichen. Die ausgegrauten Bilder im Storyboard beschreiben die Szenen, die wir aus zeitlichen und organisatorischen Gründen nicht umgetzt haben.
51°51'25.1„N 12°03'53.0“E
Unsere Drehlocation war eine Ferienwohnung an der Werft in Aken, die uns freundlicherweise der Verein Werftvolle Zukunft e.V. zur Verfügung stellte. Hier hatten wir eine gute Auswahl an spärlich eingerichteten Räumen mit gewissem „Undone-Look“, deren Mobiliar wir - nach Absprache mit dem Verein - ein wenig umgeräumt haben, um so nah wie möglich an unsere Vorstellungen zu kommen. So haben wir beispielsweise den Esstisch aus dem Wohnzimmer für die Küchenszene genommen und ein Bett in das Wohnzimmer gestellt, da dort aufgrund der Terrasse eine gute Lichtsetzung möglich war, um die Schlafzimmerszenen zu filmen.
Nach dem Location Scouting waren wir uns klarer im Bilde darüber, welche Möglichkeiten und auch Grenzen wir durch die räumlichen Gegebenheiten vor Ort für die Umsetzung hatten. Beispielsweise stellte es sich als unmöglich heraus, einen Gesamtshot der Küche - der ursprünglich im Storyboard angedacht wurde - zu realisieren, da sie zu eng war. Selbst mit einem Extrem-Weitwinkelobjektiv wäre das nicht möglich gewesen und hätte, wenn, dann nur zu einem karikierenden, albernen Effekt geführt, den wir vermeiden wollten.
Auf Basis unserer neuen Location-Erkenntnisse und dem Storyboard haben wir dann eine ausführliche Shotlist erstellt, in der unter anderem beschrieben wird, welches technische Equipment und Requisiten für die jeweiligen Szenen benötigt werden. Die blassfarbliche Kennzeichnung weist auf die Räumlichkeit hin, in der gedreht werden soll, die intensiven Farben markieren den Kamerasupport - also ob Stativ, Slider oder Handheld - in Kombination mit passendem Objektiv.
Da wir aus zeitlichen Gründen bei unserem ersten Drehwochenende nicht alle Szenen drehen konnten, planten wir noch einen Nachdrehtermin ein. Einige Szenen haben wir gänzlich weggelassen, da sie nicht unbedingt für den Handlungsverlauf sinngebend bzw. relevant waren.
Der Dreh an und für sich lief rückblickend insgesamt ohne allzu große technische und persönliche Schwierigkeiten ab, allerdings gab es doch einige Momente, in denen unser Filmprojekt verdammt zu sein schien:
Das Anreisetrauma
Die erste Krise ereignete sich schon bei der Hinfahrt zum Drehort am 09.12.23. An jenem Tag wurde die Brücke zwischen Roßlau und Dessau gesperrt, weshalb Frances, die mitsamt dem Kameraequipment und dem Großteil der Requsiten unterwegs war, über die Autobahn fahren wollte. Sie kam aber bereits auf der Strecke zur Auffahrt zum Stehen, es bewegte sich auf der Autobahn nichts mehr… …Stau wegen eines Unfalls. Durch ein waghalsiges Wendemanöver über einen Grünstreifen ist es ihr dann gelungen, aus der Situation zu entkommen, um dann leider einen langen Umweg über die Landstraße nach Dessau zu nehmen. Letztendlich kamen wir mit anderthalb Stunden Verspätung an unserem Drehort an. Diese fehlende Zeit hat uns im Nachhinein gesehen auch das Problem beschert, nicht alle Szenen innerhalb eines Termins zu realisieren. Im Winter bricht die Dunkelheit bekanntermaßen früher herein, sodass die tageslichthellen Handlungsabschnitte außerhalb der Wohnung auf keinen Fall mehr an diesem Wochenende umgesetzt werden konnten, trotz dessen, dass wir dies in der Planung mit einbezogen hatten.
Equipmentpanne
Eine weitere Schwierigkeit stellte das Equipment dar: Während wir nach der bereits stressigen Anreise alles aufbauten, fiel uns auf, dass Herr Lohmann uns ein Kabel mit falschem Anschluss für das Mikrofon mitgegeben hatte. Aber Not macht erfinderisch: Zum Glück hatten wir ein recht kurzes XLR-Kabel noch dabei, welches wir mit dem Rekorder verbunden haben und in dieser Zusammenstellung alles mit Tape an der Tonangel und später an einem Lichtstativ befestigt haben. Diese Vorrichtung konnten wir daraufhin eingeschränkt verwenden, um Atmosphere Sound aufzunehmen.
Frieren am Set
Während des Drehs sind wir außerdem die meiste Zeit mit dicken Jacken und Socken umhergelaufen, da die Wohnung trotz der laufenden Heizung insgesamt sehr kalt blieb und klimatisch eigentlich erst am Abend der Rückfahrt halbwegs wohlig wurde. Warm gehalten wurden wir zum Glück vom guten Catering morgens, mittags und am Abend.
Das Abreisetrauma
Die Rückfahrt selbst verlief, wie die Hinfahrt, turbulent ab. Aufgrund dessen, dass der Zug von Dessau nach Leipzig ausfiel, Laura aber noch nach Hause kommen musste, fuhren wir eilig zum Bahnhof nach Köthen. Zu diesem Zeitpunkt hatte es sehr stark geregnet und wir kannten uns beide nicht in der Gegend aus. In solchen Fällen zieht man ja bekanntermaßen Google Maps zu Rate, das allerdings auch nichts von einer Baustelle wusste, die uns orteingangs auf einer Landstraße mit Schild, Barken und Bauzaun begrüßte. In dem Versuch, das Auto zu wenden, kamen wir von der Straße ab und sind ein Stück in schlammiges Feld gerutscht. Da steckten wir ersteinmal fest, und das an einem Sonntag, halb zwölf nachts, Irgendwo im Nirgendwo im strömenden Regen mit der gesamten Technik im Auto. Nachdem Laura vergebens versucht hatte, das Auto von vorn aus dem Schlamm zu schieben, gelang es mir, das Auto aus dem Schlamm auf ein Stück Grasfläche zu fahren und wir kamen zurück auf die Straße. Wir fuhren wieder, Laura erreichte noch den Bahnhof in Köthen und Frances sowie Equipment kamen ebenfalls heil zuhause an, dennoch dachten wir beide uns danach: Dieses Projekt ist verflucht.
Das Darstellerdrama und Nachdrehen: Klappe, die Erste
Darüber hinaus hatten wir auch Komplikationen mit unserem Darsteller: Dieser sollte aus beruflichen Gründen Anfang Januar in eine neue Stadt ziehen und hatte daher im neuen Jahr nicht noch einmal Zeit für den Nachdreh, der sich nach dem ersten Drehwochenende ergab. Wir disponierten deshalb kurzfristig um und versuchten, noch vor Weihnachten einen Termin zu arrangieren. Dabei mussten wir über mehrere Ecken koordinieren, da einerseits die Vereinsmitglieder der Werft in Aken darüber informiert sein mussten, zum anderen galt es, für unseren Darsteller einen geeigneten Tag zu finden und wiederum mussten wir mit potenziellen Helfern für den Dreh kommunizieren, wann diese sich Zeit freischaufeln konnten. Eigentlich schien bereits alles in Sack und Tüten, als plötzlich unser Protagonist einen Abend vor geplantem Termin eine Krankmeldung machte; er müsse operiert werden. Das Vorhaben geriet abermals ins Wanken, doch nach sehr viel Stress und hin und her klappte es zu unserem Glück doch noch zwei Tage später und für den Film essentielle Schlüsselszenen konnten noch gedreht werden, wenn auch leider nicht vom Stativ, da uns die Stativplatte im Equipment fehlte.
Stellenweise war auch die Kommunikation am Set zwischen Regie und Darsteller nicht ganz einfach, da letzterer sehr meinungsstark seine Vorstellungen und Ideen einzubringen versuchte. Letztlich sind wir auch ab und an Kompromisse eingegangen, die sich retrospektiv betrachtet zwar manches Mal als sinnvoll erwiesen haben, dennoch vor Ort am Set zeit- und nervenraubend waren.
Nachdrehen: Klappe, die Zweite
Einen zweiten und letzten Nachdrehtermin haben wir allerdings noch hinten anschieben müssen, wobei dieser aufgrund von Witterungsbedingungen und GDL-Streik zwei Tage vor Abgabe stattfinden musste. Dieser Nachdreh gestaltete sich dafür aber recht unkompliziert, da wir nur zwei Szenen drehen mussten, was sich in Hinblick auf das Endprodukt als sehr lohnenswert herausstellte.
Die mehr oder weniger gezwungenermaßen stattgefundene Einkürzung und Anpassung unseres Storyboards aufgrund der fehlenden Zeit hat unserem Projekt retrospektiv nicht geschadet, vielmehr erschienen uns die geplanten Endszenen fast obsolet.
Um einen Eindruck zu bekommen, hier einige Impressionen vom ersten Drehtermin (9. und 10.12.2023). Weitere Momente finden sich im Making-Of-Zusammenschnitt.
Die Nachbearbeitung haben wir mit Davinci Resolve realisiert. Zunächst haben wir die Aufnahmen gesichtet und nach Verwertbarkeit sortiert. Bei dem Zusammenschnitt half uns abermals die Shotlist, die so angelegt wurde, dass sie sowohl für den Dreh als auch für die Nachbearbeitung genutzt werden konnte. So hatten wir keine Umstände dabei, die Sequenzen in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Danach erfolgte der Rohschnitt, den wir dann schrittweise genauer überarbeiteten. Die Musik, die wir über Artlist.io ausgesucht hatten, war dabei die Grundlage, ebenso wurde die Musik aber auch auf die Sequenzen abschnittsweise überarbeitet, d.h. zurecht geschnitten und/oder eingekürzt - bei der Post Produktion waren diese beiden Komponenten im Wechselspiel zueinander anzupassen.
Nach Title Design und Abspann bearbeiteten wir das RAW Footage der RED farblich. Hinsichtlich des Colour Gradings haben wir uns am Moodboard orientiert, das wir zu Beginn des Projekts erstellt hatten. Die Bilder sollten entsättigt sein und einen dezenten Blaustich haben, um die triste Stimmung aufzugreifen und die Story somit zu unterstützen. Unter anderem haben wir in der Nachbearbeitung auch partielle Abdunklung innerhalb der Sequenzen vorgenommen und Farbwerte verändert, beispielsweise bei dem zu kräftigen, schrillen Grün der Wiese in der „Laufszene“.
Wie unschwer aus obigem Abschnitt herauszulesen ist, waren wir mit einigen Problemsituationen konfrontiert, die mal mehr, mal weniger ins Gewicht fielen hinsichtlich der Auswirkung auf unseren Gemüts- und Motivationszustand. Das Projekt hat uns sehr viel Stress bereitet, Nerven gekostet und die Fähigkeit, manchmal Ruhe und Gelassenheit zu bewahren. Die Befreiung von unserem „Fluch“ haben wir erst erfahren, als der Film im Rohschnitt war und sich am Ende als gut gelungen herauskristallisierte. Dennoch, bei allen Schwierigkeiten, hat uns das Projekt in der Summe Spaß bereitet und uns herausgefordert. Trotz oder gerade wegen dieser Malfunctions können wir sagen, dass wir stolz auf unser Ergebnis sind. Wir danken allen Beteiligten für Eure Unterstützung und hoffen, dass es euch ebenso Spaß bereitet hat.