In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Die Stadtverwaltung Dessau-Roßlau will ihre digitalen Bürger-Services verbessern und plant einen umfangreichen Relaunch ihrer Website. Im Rahmen eines Kooperations-Projektes unterstützt das Master-Programm am Fachbereich Design das Dessau-Roßlauer Rathaus in einem Initialprojekt bei der Analyse typischer Verwaltungsvorgänge und ihrer Transformation ins Digitale. In einem umfangreichen methodischen Design-Prozess wurden Lösungsansätze für digitale, bürgernahe und transparente Verwaltungsvorgänge skizziert. Vier beispielhafte Nutzer:innen („Personas“) wurden durch das breite Spektrum digitaler Behörden-Services begleitet, um einen künftigen „Gang aufs Amt“, Faxe und Ausdrucke zu vermeiden.
Der Zugang zu Bürgerservices und die Kommunikation zur Verwaltung wird in der Regel über Bürgerportale und Stadt-Webseiten ermöglicht. In der Art, wie diese Dienstleistungen angeboten werden, sind starke Unterschiede zwischen den Städten in Deutschland oder auch im Vergleich mit Städten im Ausland wahrzunehmen. Eine Webseite ist neben dem Rathaus und den Ämtern der Online-Zugang zur Kommunikation mit der Stadt und ihren Mitarbeitern. Hier erfährt die Stadt Dessau-Roßlau starke Kritik über die Bedienbarkeit, die Interaktionsmöglichkeiten und die Verfügbarkeit von Informationen Ihrer Online-Portale. Es wird die Art und Weise bemängelt, wie diese Portale von Bürger:innen genutzt werden müssen, um ein Anliegen klären zu können. Teilweise führen die Bemühungen zu keinem Ergebnis und die Frustration ist hoch. Dennoch sind die Mitarbeiter:innen der Stadt sehr daran interessiert, die Angebote gut zugänglich zu machen und sich offen zu zeigen. Die Bürgerbeteiligung ist ein wichtiges Thema in Dessau-Roßlau.
Die Online-Services auf der Webseite und die verschiedenen Einstiegsmöglichkeiten sind weder nutzerfreundlich und intelligent noch kommunizieren sie das, was Nutzer:innen in einer gezielten Aktion benötigen. Die Darstellung und die Kommuni-kationsstruktur der Seiten zeigen interne Strukturen auf, sie sind nicht intelligent programmiert und nicht zeitgemäß in Ihrer visuellen Darstellung. Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem, wie sich die Nutzung der Stadt-Webseite zeigt und dem, was die Mitarbeiter:innen eigentlich gerne erreichen möchten – eine lebendige, offene und zielführende Kommunikation. Ein internes Team der Stadtverwaltung initiiert daher ein langfristig angelegtes Projekt, welches dieser Situation entgegenwirken soll. Dieses Team hat die Hochschule Anhalt um Unterstützung dabei gebeten und im Wintersemester 2022/23 wurde innerhalb des Master-Studiums die Initialphase des Projektes begleitet.
Die Grundlage für eine Suche nach sinnvollen Lösungsansätzen ist die Erfassung und Analyse des Status Quo. Wo liegen Probleme, an welchen Stellen kommt der User nicht weiter oder hört sogar gänzlich auf zu suchen? Erste Reflektionen konnten von jedem Studierenden bereits von Anfang an selbst gemacht werden. Für die weitere Analyse wurden Teams zusammengestellt, welche mit Hilfe der Shadowing-Methode fiktive Situationen der Webseiten-Nutzung nachgespielt haben. Jeweils eine Person im Team hat sich auf Lösungssuche begeben, indem sich die Person in eine zuvor ausgedachte Rolle versetzte. Die restlichen Gruppenmitglieder beobachteten dies und dokumentierten jede Reaktion sowohl schriftlich als auch bildlich. Meist sollten spezifische Antworten auf Fragen gefunden werden, wie zum Beispiel: „Wie und wo beantrage ich einen Reisepass für mein Kind?” oder „Welche Vereine und Freizeitangebote bietet mir die Stadt Dessau-Roßlau als Zugezogene(n)?” Danach folgte eine Auswertung der Beobachtungen in der Seminargruppe. Wesentliche Ergebnisse dabei waren:
• grundlegend problematische Seitenstruktur (Menü, Kategorisierung)
• Terminbuchung umständlich
• fehlerhafte bzw. fehlende Übersetzung ins Englische
• überladene Inhaltsseiten
• unklare Begriffe
• keine zeitgemäße Gestaltung
Workshop Intern
Am 01.11.2022 wurde ein interner Workshop mit Teilnehmenden der Stadtverwaltung Dessau-Roßlau in der Hochschule Anhalt durchgeführt. Nach der Begrüßung und einem kurzen Kennenlernen untereinander wurde der Ablauf des Tages vorgestellt, woraufhin sich Studierende und Externe in Zweiergruppen einteilten. Aus einem vorbereiteten Fragenspeicher wurden Fragen gewählt und in diesen Gruppen besprochen. So konnten die verschiedenen Meinungen, Vorstellungen und Perspektiven dazu ausgetauscht werden.
Cases sind verschiedene Anwednungsfälle die ein bestimmtes Ziel in der Interaktion mit der Website beschreiben.
Aufgegriffene Cases, wie beispielsweise die Kontaktaufnahme zum Standesamt in Dessau-Roßlau oder die An- und Ummeldung eines Wohnsitzes, wurden von Studierenden und Externen thematisiert und ausgiebig diskutiert. Verschiedene Ansichten und Auffassungen konnten miteinander abgeglichen und Fragen, die durch fehlendes Wissen der Studierenden in den Bereichen entstanden, vom Fachwissen der externen Teilnehmenden erklärt und aufgelöst werden. Im Anschluss wurden die detaillierten Ausarbeitungen für alle sichtbar an einer Wand platziert. Die externen Workshop-Teilnehmer:innen waren nun zunächst dazu aufgerufen, mit roten Punkten die für sie wichtigsten Probleme aus allen Cases zu kennzeichnen.
Somit konnte durch die schlussendliche Auflistung aller Cases die Identifizierung der drei Kernprobleme erfolgen:
1. Transparenz (Prozess)/Erwartungen und Feedback
2. fehlende Struktur
3. Suchfunktion
Die Zweiergruppen hatten daraufhin die Möglichkeit zu jedem Kernproblem eine spontane Lösung zu formulieren. Hierbei ging es um die Spontanität und die Unvoreingenommenheit, für Probleme ganz aus dem Bauch heraus einen Lösungsansatz zu finden. Bei einigen der bei dieser Übung entstandenen Überlegungen konnten Studierende bereits Überschneidungen mit den weiteren Erkenntnissen ihres Kurses feststellen.
Zum Abschluss des Workshops evaluierten die externen Teilnehmer:innen ihre Arbeit und sich selbst. Die Frage, was sie “gut können” sollte abschließend ein positives Gefühl hervorrufen. Hierbei generierte Antworten waren:
• Organisation
• Vernetzung (Krisen)
• Pflichtbewusstsein (auch nach Feierabend)
• Vielseitigkeit
• Hilfsbereitschaft
• Offenheit (Perspektiven)
• Freundlichkeit
In der „Define-Phase“ geht es darum, die gesammelten Daten aufzuarbeiten und sich auf eine Definition des eigentlichen Problems zu fokussieren, um die Menge an Informationen handhabbar zu machen. Es ist damit ein Abschluss der ersten Recherchephase und bildet den Übergang hin zur Entwurfsphase. Im Double-Diamond Modell wird dies durch die Konver-genz des ersten Diamanten dargestellt.
Wir befinden uns nun genau zwischen den beiden Diamanten. Das breit aufgemachte Recherchefeld der Discover-Phase wird nun methodisch zusammengezogen und die gesammelten Daten auf den Mittelpunkt des Modells hin zusammengeführt, sodass zwischen beiden Diamanten die Erkenntnis steht, was das eigentliche Problem ist.
Personas
In der Discover-Phase wurden unter anderem mittels Shadowing, Interviews und Workshops viele Einsichten in die Lebenswelten der Nutzer:innen gewonnen, die es nun galt, in eine Form zu überführen, mit der im Entwurfsprozess weitergearbeitet werden kann. Für diesen Prozess der Konvergenz nutzten wir die Persona-Methode. Wir kreierten eine Reihe fiktiver, archetypischer User-Profile, welche die real ermittelten Bedürfnisse und Probleme der Bürger:innen von Dessau-Roßlau im Umgang mit dem Onlineportal der Stadtverwaltung widerspiegeln. Diese Profile ermöglichen es, im Gestaltungsprozess immer wieder empathisch die Sicht der Nutzer:innen einzunehmen und zu überprüfen, ob der Entwurf den tatsächlichen Bedürfnissen und Problemen gerecht wird.
Wir kreierten sieben Personas, die in der Zwischenpräsentation vorgestellt wurden und aus denen das interne Team der Stadtverwaltung für die weitere Arbeit vier auswählte.
Die Personas sind alle nach dem gleichen Raster aufgebaut und bestehen aus:
• Name und Alter — um sie für den Ent-wurfsprozess greifbarer zu machen
• Rolle — die primäre (demographische) Verortung der Person im gesellschaftlichen System
• Attitudes — ihre grundlegende Haltung und Einstellung, mit der sie der Welt begegnet
• Goals — die konkreten, persönlichen Ziele, die sie mit dem Besuch des Onlineportals verfolgt
• Motivations — was sie dazu antreibt (mit der Verwaltung zu interagieren)
• Love/ Gain — was sie an Dessau-Roßlau, der Verwaltung und/oder dem On-lineportal sehr schätzt
• Dislikes/ Pain — was sie momentan an Dessau-Roßlau, der Verwaltung und/oder dem Onlineportal frustriert
Zudem gibt es für jede Persona eine Problemstellung und eine How-might-we-Question (HMW).
User-Journeys und Blue-Printing
Nachdem die Frage geklärt wurde, wer die Webseite der Stadt Dessau-Roßlau besucht, müssen wir weiterdenken und uns fragen, warum die Webseite überhaupt besucht wird. Genau dafür gibt es die Methode der User-Journeys.
Die User-Journey ist eine Visualisierung des Nutzungsprozesses.
Hierfür nehmen wir unsere Personas und geben ihnen passende Szenarien, die auf deren Bedürfnisse abgestimmt werden. Daraufhin wird das Vorgehen der Personas aufgezeigt und Schritt für Schritt dokumentiert. Dadurch kann man sehen, wie mögliche User:innen die Webseite benutzen und auf welche Erfolge oder Hürden sie stoßen. Gleichzeitig kann aufgezeigt werden, wie die Gefühlslage der jeweiligen User:innen beim Besuch der Webseite ist und sehen, welche Prozesse gut oder holprig ablaufen. Die User-Journeys helfen so aufzudecken, welche Probleme und Schwierigkeiten es bei Prozessabläufen der Webseite gibt und wie sich die Besucher:innen der Webseite zurechtfinden und fühlen.
Eine Möglichkeit, die Visualisierung des Prozesses mit der Stadt zu erweitern und noch einen besseren Blick in die Nutzungsprozesse der Webseite zu bekommen, sind Blueprints. Das Ziel dieser Methode ist allerdings die Identifikation von Schnittstel-len zwischen User:innen und Anbietern. Der Blueprint visualisiert ebenfalls die Nutzung der Webseite, allerdings zeigt er ebenso alles auf, was im Hintergrund bei dem Anbieter passiert. Hinter der „line of visibility” sieht man also alle Aktionen, die in der Verwaltung passieren. Was passiert zum Beispiel, wenn Nutzer:innen ein PDF auf der Webseite abschicken? Das kann dabei helfen, die Prozesstransparenz zu erhöhen und Probleme oder Fehlerquellen aufzudecken.
UX/UI & Prototyp
Erklärung:
Nachdem die Pain- sowie Gain-Points ermittelt und Nutzungsprozesse analysiert wurden, folgt das Erstellen von Wireframes. Sie stellen das Grundgerüst einer Webseite dar und dienen dazu, mögliche Lösungswege zu visualisieren. Um sich auf die Struktur der Informationsarchitektur zu fokussieren, werden hierbei auf komplexe Darstellungen und Bildelemente verzichtet. Dabei wurden die Wireframes entlang der einzelnen Personas, deren Bedürfnisse sowie weiteren vorherigen Erkenntnissen entwickelt.
Die Untersuchung der Webseite der Stadt Dessau-Roßlau ermöglichte einen Einblick in die Benutzerführung und den Aufbau der Informationen durch die Auswertung von Beobachtungen und Interviews verschiedener Nutzerprofile. Die Webseite bietet Verbesserungspotenzial in Bezug auf Interaktion sowie auf visuelle Darstellung. Es besteht die Frage, ob die vorhandene Webseite verbessert oder ob man einen völlig neuen Weg gehen möchte.
Der von den Studierenden erarbeitete Leitfaden bietet die Möglichkeit, als Grundlage für das Einholen von Angeboten von Fremdanbietern im Bereich User-Experience, Webdesign oder Web-Programmierung genutzt werden zu können. Ein Design-Brief soll eine praktische Struktur bieten, auf der eine Ausschreibung oder eine Darlegung für ein Angebot als Informationsbasis dient.